Vassili E.* (21) ist begeisterter Tangotänzer. Über die Festtage weilt der Mediamatiker-Lehrling aus Zürich deshalb in Argentinien. «Wir nahmen dort Tanzstunden», sagt Angela Baciu, die in Zürich eine Tangoschule leitet. E. ist ihr Stellvertreter, gibt auch Tanzunterricht.
Baciu reist früher in die Schweiz zurück. Vassili E. bleibt ein paar Tage länger im lateinamerikanischen Land. Am Montag letzter Woche will auch er heimreisen. Doch die Flughafenpolizei stoppt E. Die Beamten entdecken beim Röntgen im Reisekoffer des Schweizers einen menschlichen Schädel. Per Lautsprecher wird E. beim Einsteigen ins Lufthansa-Flugzeug aufgefordert, sich zu melden. Es sei «etwas mit seinem Gepäck nicht in Ordnung».
Vassili E. erzählt den Behörden, er habe den Schädel auf einem Abfallhaufen auf dem Friedhof La Recoleta in Buenos Aires entdeckt. Er habe gedacht, dass der Totenkopf ein originelles Mitbringsel für seine Freunde in der Schweiz sei, schreiben argentinische Zeitungen. Seither sitzt Vassili E. in Buenos Aires fest. Der Vorwurf: Diebstahl.
In der Schweiz glauben alle an seine Unschuld. Mutter Olga E.: «Der Schädel lag am Boden im Dreck. Es ist eine grosse Dummheit, was er gemacht hat. Aber kein Verbrechen.» Auch Tanzlehrerin Baciu ist von seiner Unschuld überzeugt: «Vassili ist ein korrekter, freundlicher junger Mann, der keinerlei abstruse Neigungen hat.» Aber er sei immer bemüht, seine Freunde zu beeindrucken. «Ich bin überzeugt, dass er es deshalb gemacht hat.» Es sei ihm bestimmt nicht bewusst gewesen, dass er etwas Verbotenes tue.
Vassili E. hat der Polizei den Fundort des Schädels gezeigt. Mit Bildern der Überwachungskameras des Friedhofs werden seine Aussagen überprüft.
Seinem Lehrbetrieb schrieb er in einem Mail, er sei am Flughafen in Buenos Aires aufgehalten worden. Aber nicht wegen Drogen. «Vassili ist sehr zuverlässig», sagt seine Chefin Nathalie Hämmerli. «Es war wohl eher jugendlicher Leichtsinn.»
Im März muss Vassili E. die Lehrabschlussprüfung machen. Seine Mutter ist sicher, dass er bald zurückkommt. «Er muss nur noch den Papierkrieg erledigen und darf noch diese Woche in die Schweiz fliegen.»
Die Behörden in Argentinien wollen ermitteln, zu wem der Schädel gehört. Auf dem Friedhof liegen viele Prominente begraben – darunter Juan und Evita Perón.