Etwas mehr als ein Jahr nach dem islamistisch motivierten Anschlag von Solingen mit drei Toten ist der Angeklagte Issa al H. (27) zur Höchststrafe verurteilt worden. Das Oberlandesgericht in Düsseldorf verhängte am Mittwoch eine lebenslange Haftstrafe und Sicherungsverwahrung, zudem stellte es die besondere Schwere der Schuld fest. Der 27-jährige Syrer habe als Mitglied der Dschihadistenmiliz IS auf dem Solinger Stadtfest drei Menschen heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen ermordet.
Durch den Anschlag des Beschuldigten habe der Islamische Staat (IS) erneut sein «menschenverachtendes Gesicht» gezeigt, sagte der Vorsitzende Richter Winfried van der Grinten in seiner Urteilsverkündung. Die Tat sei für alle Menschen in Solingen ein «massiv belastendes Ereignis» gewesen. Es sei dem Angeklagten aber nicht gelungen, die Menschen zu radikalisieren. Die Solinger hätten auch ein Jahr nach der Tat wieder ein Volksfest gefeiert.
Angreifer radikalisierte sich bereits
Bei der Attacke auf dem Solinger Stadtfest waren am 23. August 2024 drei Menschen getötet und acht weitere schwer verletzt worden. Der 27-Jährige stach mit einem Tranchiermesser mit einer Klingenlänge von 19 Zentimetern zumeist gezielt von hinten auf Festbesucher ein. Issa al H. floh und wurde einen Tag später gefasst. Der Anschlag löste bundesweit Bestürzung sowie eine Debatte über Änderungen in der deutschen Flüchtlings- und Asylpolitik aus.
Eine islamistische Motivation stand für das Gericht nach der Beweisaufnahme zweifelsfrei fest. Bereits während des jahrelangen Bürgerkriegs in seinem Heimatland Syrien habe der Angeklagte die Ideologie des IS kennengelernt und sich «zumindest loyal» zum IS gezeigt, sagte van der Grinten in der Urteilsbegründung. Seit 2019 habe sich der Angeklagte durch das Internet dann «massiv islamistisch radikalisiert», noch vor seiner Einreise nach Deutschland 2022. Chats auf seinem Mobiltelefon zeigten dies eindeutig.
Dreifacher Mord, neunfacher Mordversuch
Nach den Feststellungen des Gerichts lehnte Issa al H. die «freiheitlich geprägte Lebensweise westlicher Gesellschaften» ab und teilte die Überzeugung des IS über einem weltweiten Dschihad gegen «Ungläubige». Aus dieser Einstellung heraus habe er sich auch zu dem Anschlag auf das Stadtfest entschlossen.
Laut Urteil nahm der Beschuldigte vor dem Anschlag über Messengerdienste selbst Kontakt zum IS auf und schlug das Stadtfest als Anschlagsort vor. Zudem leistete er einen Treueeid auf die Terrororganisation und fertigte vor der Tat vier Bekennervideos an, die er einer Kontaktperson beim IS schickte. In den Tagen nach der Tat bekannte sich dieser zu der Attacke.
Verurteilt wurde Issa al H. wegen dreifachen Mordes und neunfachen Mordversuchs sowie zusätzlich unter anderem wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Das Gericht ging zudem von einer andauernden Gefährlichkeit aus. «Die der Tat zugrundeliegende radikalislamistische Haltung des Angeklagten besteht nach der Überzeugung des Senats fort», erklärte das Gericht. Es sei daher Sicherungsverwahrung angeordnet worden. Von den Beschuldigten seien künftig weitere ähnliche Gewalttaten zu erwarten.
Urteil noch nicht rechtskräftig
Das Urteil entsprach dem Antrag der Bundesanwaltschaft. Diese hatte eine lebenslange Haftstrafe, Sicherungsverwahrung sowie die Feststellung einer besonderen Schwere der Schuld beantragt, was eine vorzeitige Haftentlassung praktisch ausschliesst. Die Nebenkläger schlossen sich an. Die Verteidigung plädierte ebenfalls auf lebenslange Haft und besondere Schwere der Schuld. Der Forderung nach Sicherungsverwahrung schloss sie sich jedoch nicht an.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Laut Verteidigung soll nach einer Prüfung der ausführlichen schriftlichen Urteilsgründe entschieden werden, ob der Angeklagte dagegen Rechtsmittel beim Bundesgerichtshof einlegt.