Der Terroranschlag in Manchester, die Attentate in London: Grossbritannien wurde in den vergangenen Monaten vom Terrorismus erschüttert wie kein anderer Staat in Europa.
Zumindest indirekt mitverantwortlich für den Terror im Land ist einer Studie zufolge Saudi-Arabien. Der Golfstaat sei der grösste Förderer des islamischen Extremismus in Grossbritannien, hält das Forschungspapier der Denkfabrik Henry Jackson Society fest, das am Mittwoch veröffentlicht wurde. In den vergangenen 50 Jahren habe Saudi-Arabien über Stiftungen umgerechnet mindestens 83,5 Milliarden Franken ausgegeben.
Dschihad-Reisende wurden durch Saudis radikalisiert
Ziel war und ist es, so die Studie, den saudi-arabischen Wahhabismus in die muslimische Welt bis hin in muslimische Gemeinschaften im Westen zu exportieren. Der Wahhabismus, eine streng-konservative Lesart des Islams, ist bekannt als Quelle der Dschihad-Ideologie.
Dieser Einfluss sei in Grossbritannien und anderen westlichen Ländern unter anderem abzulesen an der «Vorherrschaft radikalislamischer Prediger und Literatur, darunter auch der Gebrauch saudi-arabischer Schulbücher», heisst es in einer Studie der Denkfabrik.
Dieses Fördern des Wahhabismus habe «stufenweise» dazu beigetragen, in vielen muslimischen Gemeinden den religiösen Glauben und die Praktiken zu verändern. Dies habe Extremisten gestärkt und moderate Stimmen unter Druck gesetzt, so die Studie. So wird beispielsweise angenommen, dass zahlreiche Dschihad-Reisende aus Grossbritannien durch aus dem Ausland finanzierte Institutionen und Geistliche radikalisiert worden sind.
Regierung hält eigenen Bericht zurück
Die Denkfabrik Henry Jackson Society setzt sich mit Fragen der Menschenrechte und Internationalen Beziehungen auseinander. Die Veröffentlichung ihres Forschungspapiers kommt zu einem delikaten Zeitpunkt. Die britische Premierministerin Theresa May steht unter Druck, einen Regierungsbericht über die Rolle Saudi-Arabiens und anderer Staaten bei der Förderung von Extremismus auf der Insel zu veröffentlichen. Eine entsprechende Untersuchung war 2015 in Auftrag gegeben worden, die Ergebnisse allerdings nie der Öffentlichkeit präsentiert – angeblich wegen der brisanten Erkenntnissen bezüglich des Verbündeten Saudi-Arabien.
Erst vor wenigen Monaten war May in den Golfstaat gereist. In den Gesprächen mit König Salman ging es primär um den gemeinsamen Handel. Allein von 2015 bis 2016 exportierte Grossbritannien Waffen im Wert von über 4 Milliarden Franken nach Saudi-Arabien. (SDA/lha)