Streit um Präsidententitel
Zwei Rivalen lassen sich in Afghanistan zum Präsidenten ernennen

Im Streit über den Ausgang der Präsidentschaftswahl in Afghanistan haben sich beide Rivalen bei konkurrierenden Zeremonien ins Amt einführen lassen.
Publiziert: 10.03.2020 um 10:43 Uhr
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Ashraf Ghani wurde vor gut drei Wochen zum Wahlsieger erklärt. Vergangenen Montag leistete er seinen Amtseid im Präsidentenpalast in Kabul.
Foto: imago images/Xinhua

Gleichzeitig liess sich Ghanis Kontrahent, der bisherige Regierungsgeschäftsführer Abdullah Abdullah, in einer eigenen Zeremonie ebenfalls als Präsident vereidigen.

Aschraf Ghani, den die Wahlkommission vor knapp drei Wochen zum Wahlsieger erklärt hatte, leistete seinen Amtseid am Montag im Präsidentenpalast in Kabul. Während seiner Rede war lokalen Medien zufolge mindestens eine Explosion zu hören.

Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte die Explosionen für sich. Insgesamt seien zehn Geschosse in Richtung des Präsidentenpalastes abgeschossen worden, erklärten die sunnitischen Religionsfanatiker über den verschlüsselten Kurzbotschaftendienst Telegram.

Der Sender Tolo-TV berichtete, dass Ghani seine Rede fortgesetzt habe. Auf Fernsehbildern war zu sehen, wie Ghani von Menschenmassen empfangen und mit militärischen Ehren begrüsst wurde. Auch der Kommandant der US-Truppen in Afghanistan, General Austin Scott Miller, sowie US-Diplomat Zalmay Khalilzad kamen zu Ghanis Zeremonie.

Wahlbetrug vorgeworfen

Seit Monaten herrscht Streit um den Ausgang der Präsidentschaftswahl im September 2019. Die Wahlkommission hatte Amtsinhaber Ghani am 18. Februar mit 50,64 Prozent der Stimmen zum Sieger erklärt. Abdullah spricht von Betrug und beanstandete rund 300'000 Stimmen. Die Wahlbeteiligung war mit 15 Prozent die geringste seit dem Sturz des Taliban-Regimes im Jahr 2001.

Thomas Ruttig von der Kabuler Denkfabrik Afghanistan Analysts Network sagte: «Wir wissen nicht, wie die Wahl wirklich ausgegangen ist.» Hätte man die beanstandeten Stimmen annulliert, so wäre ein zweiter Wahlgang wahrscheinlich gewesen.

Die innenpolitische Krise trifft Afghanistan zur Unzeit. Die USA und die militant-islamistischen Taliban haben gerade ein Abkommen abgeschlossen, das den Weg für innerafghanische Friedensgespräche einleiten sollte. Um in den Verhandlungen mit den Islamisten zu bestehen, ist Beobachtern zufolge vor allem Einigkeit auf Regierungsseite vonnöten. (SDA)

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