SRF-Meteo-Chef Thomas Bucheli kritisiert US-Sender für Irma-Spektakel
«…dann hört der Spass sofort auf!»

Die grossen US-Sender schicken ihre Wetter-Moderatoren in das Auge des Hurrikans – und ernten dafür viel Kritik. Auch SRF-Meteorologe Thomas Bucheli findet die Einsätze fragwürdig.
Publiziert: 11.09.2017 um 16:24 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 13:15 Uhr

CNN-Reporterin Kyung Lah ist im Heulen des Windes kaum zu verstehen, als sie in Miami Beach für ihren Sender über Irma berichtet. Gerade als sie sagt, dass es wichtig sei, Schutzkleidung zu tragen, kracht ein Verkehrsschild Zentimeter neben ihr auf den Boden. Nur mit viel Glück wird sie nicht getroffen.

Ähnlich ergeht es Gabe Gutierrez von NBC, der fast von einem grossen herabfallenden Ast getroffen worden wäre. Und Miguel Almaguer vom gleichen Sender lässt sich gar mit einem Seil anbinden, damit er während der Liveübertragung nicht fortgeweht wird. Andere klammern sich an Geländer, um Halt zu finden.

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Meteorologe Mike Seidel von The Weather Channel berichtet mitten aus überfluteten Strassen in Miami.
Foto: Epa

Bucheli: «Ich würde es unterlassen»

SRF-Meteo-Chef Thomas Bucheli kann dem Wagemut nicht viel abgewinnen. «Ich hätte grosse Angst, dass mir plötzlich irgendein Geschoss um die Ohren fliegt», sagt er zu BLICK. Er erachte die Gefahr von herumfliegenden Gegenständen als weitaus höher, als «lediglich» vom Sturm weggeblasen zu werden. «Also würde ich es unterlassen.»

SRF-Meteo-Chef Thoams Bucheli (Archivbild).
Foto: SRF/Oscar Alessio

Bucheli gibt zu bedenken, dass dieser «Nervenkitzel» das Publikum offenbar fasziniert. «Wenn aber vor laufender Kamera etwas Schlimmes passiert, dann hört der Spass sofort auf.»

Reporter berichtet mit Skibrille, um Augen zu schützen

Nebst der Gefahr durch herumfliegende Gegenstände ist das blosse Ausharren in den Windböen für die Reporter eine Tortur. Sein Gesicht fühle sich gerade an, als fege ein Sandstrahler drüber, sagt ein Reporter. Chris Cuomo von CNN meint, der Regen «fühlt sich an, als würde mit einem Feuerwehrschlauch auf dich geschossen». Ein Reporter zog sich sogar eine Skibrille an, damit er die Augen während seines Berichts offen halten konnte.

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Nicht immer zahlt sich der Wagemut für die Zuschauer aus: Einige Reporter sind kaum zu verstehen, weil der Wind die Wörter verschluckt, andere durch die verregneten Kameras kaum zu erkennen. Und viele Zuschauer sorgen sich um die Gesundheit der Reporter. Eine Zuschauerin schreibt auf Twitter: «Dieser Zirkus bringt Leute grundlos in Gefahr – holt eure Reporter da raus!»

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Doch auch nach der Kritik verteidigen einige Reporter ihre Entscheidung. Dies sei notwendig, um den Zuschauern zu zeigen, dass die Hurrikane ernst genommen werden müssen und sie dazu zu bringen, betroffene Gebiete zu verlassen. 

Bei SRF Meteo stehen die Moderatoren bei Wind und Wetter auf dem Dach im Leutschenbach. Als Sturmtief Niklas im Jahr 2015 über die Schweiz fegte, band sich Moderatorin Sandra Boner sicherheitshalber mit einem Seil fest.

Einige Male verzichteten die Moderatoren ganz auf einen Einsatz auf dem Dach und präsentierten das Wetter aus dem Studio. «Allein wegen ‹toller Bilder› riskieren wir unser Leben nicht», sagt Bucheli.

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