So sicherte sich Von der Leyen 1,8 Milliarden Impfdosen von Pfizer/Biontech
«Wir entwickelten tiefes Vertrauen»

Pfizer-Chef Albert Bourla packt über den Mega-Deal mit Ursula von der Leyen aus. Und erzählt, wie ihn die EU-Chefin überzeugte.
Publiziert: 28.04.2021 um 11:10 Uhr
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Aktualisiert: 28.04.2021 um 18:39 Uhr
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Ursula von der Leyen macht die EU zum grössten Einkäufer von Pfizer/Biontech.
Foto: DUKAS

Zu spät bestellt – und zu wenig. Die Vorwürfe gegen EU-Chefin Ursula von der Leyen (62) und ihr Corona-Management waren heftig. Während die USA und Grossbritannien schon im Januar grosszügig impfen konnten, lief der Impfstart in der Europäischen Union schleppend. Nun hat die EU-Chefin nachgebessert.

Noch in dieser Woche will von der Leyen einen Mega-Deal über 1,8 Milliarden Biontech-Impfdosen mit dem US-Hersteller Pfizer abschliessen. Mit der Menge könnten die 450 Millionen EU-Bürger über zwei Jahre hinweg geimpft werden, wie die EU-Chefin am Freitag erklärte. «Ich bin überzeugt, dass uns das noch lange beschäftigt», sagte die Präsidentin der Europäischen Kommission in einem Interview über die Pandemie. Im November hatte sie dennoch nur 200 Millionen Dosen mit der Option auf 100 weitere bestellt.

EU ist jetzt grösster Impfeinkäufer

Quasi über Nacht katapultiert von der Leyen die EU im Rennen um den wertvollen Impfstoff nun ganz nach vorn. Durch den Deal werde die Europäische Union mit Abstand der grösste Einzelkunde von Pfizer, schreibt die «New York Times». Selbst die USA hätten erst 300 Millionen Dosen gekauft.

Und: Die EU hatten beim Einkauf heftige Konkurrenz. «Zahlreiche führende Politiker sind auf mich zugekommen – von Präsidenten über Premierminister und Königen bis zu Generalsekretären von Organisationen», sagte Pfizer-Chef Albert Bourla (59) der «New York Times».

Der Unternehmer packt aus, wie sich von der der Leyen die 1,8 Milliarden Impfdosen gesichert hat. Einen Monat standen sie dafür in engem Kontakt, telefonierten, schrieben SMS. Er und die EU-Chefin hätten «ein tiefes Vertrauensverhältnis entwickelt, weil wir in tiefe Diskussionen geraten sind».

Pfizer-Chef: «Sie wusste Details über alles»

Geholfen hat dabei offenbar auch von der Leyens Fachwissen – die EU-Chefin ist promovierte Ärztin und hat einen Master in «Public Health». Bourla schwärmt: «Sie wusste Details über die Varianten, sie wusste Details über alles. Das hat die Diskussion viel engagierter gemacht.»

Nun darf sich die EU über die Mega-Lieferung freuen, die in zwei abrufbaren Chargen bis 2023 erfolgen soll. Und damit kein Exportstopp – wie ihn die USA etwa aktuell verhängt haben – zum Hindernis wird, soll laut Vertrag auch gleich der Grossteil der 280 Komponenten des begehrten Vakzins in Europa hergestellt werden. Auch eine Weiterentwicklung des Impfstoffs im Fall einer «Fluchtvariante», die gegen den aktuellen Impfstoff resistent ist, ist vorgesehen.

Macht die EU nun China und Russland Konkurrenz?

Noch ist unklar, ob die EU tatsächlich alle bestellten Dosen benötigt. Pfizer-Chef Bourla hält eine Auffrischungsimpfung sechs bis zwölf Monate nach der zweiten Dosis für nötig. Eine interne Analyse der Europäischen Kommission rechnet mit 510 Millionen benötigten Auffrischungsdosen bis 2023. Experten warnen zudem davor, nur auf ein Vakzin zu setzen.

Warum dann die Riesenbestellung über 1,8 Milliarden? Zumal von einem Impfstoff, der nach Moderna das zweitteuerste der bislang in der EU zugelassenen Vakzine ist?

Der Vertrag erlaubt es der Europäischen Union laut «New York Times» auch, die Impfstoffe «weiterzuverkaufen oder an Partner zu spenden». Im Klartext: Die EU kann nicht nur die Impfkampagnen in armen Ländern unterstützen, sondern in Sachen Impfdiplomatie auch mit China und Russland konkurrieren. Die Regierungen in Peking und Moskau nutzen ihre Impfstoffe als diplomatisches Mittel und verteilen die Vakzine an strategisch wichtige Länder. (kin)

Braucht es einen dritten Piks mit dem Pfizer-Impfstoff?
19:24
Der Morgen auf Blick TV:Braucht es einen dritten Piks mit dem Pfizer-Impfstoff?
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