Lucy Dawson (24) ist nur noch ein Schatten ihrer selbst. Ihr Blick auf dem Foto aus der Psychiatrie wirkt leer. Von einem Tag auf den anderen veränderte sich das Leben der Studentin aus der englischen Stadt Lincoln. Doch niemand wusste weshalb.
Dawsons Probleme begannen vor vier Jahren, als sie starke Migräne bekam. Sie fühlte sich depressiv. Verbrachte viel Zeit im Bett. «Meine Freunde sagten, es sei, als hätte sich mein Charakter völlig verändert», sagt sie «The Sun».
Dawson randaliert – und wird mit Psychopharmaka vollgepumpt
Dann erlebt Dawson plötzlich zwei manische Episoden: Sie verwüstet ihr Zimmer, beginnt zu lachen, dann zu weinen und zu schreien. Ihre Eltern eilen ihr zu Hilfe und bringen sie ins Spital. Auf dem Weg dorthin versucht Dawson während der Fahrt, aus dem Auto zu springen. Im Wartezimmer des Spitals reisst sie alle Vorhänge herab.
Sie wird in die psychiatrische Abteilung eingeliefert. Dort bekommt sie einen Cocktail aus Psychopharmaka verabreicht. Ihr Zustand verschlechtert sich immer mehr – und die Ärzte stehen vor einem Rätsel. «Meine Eltern dachten, sie hätten mich verloren, als ihnen gesagt wurde, dass ich sterben würde. Ich sass nur da und weinte», sagt Dawson.
An Dawsons 21. Geburtstag jagen die Ärzte sogar Stromschläge durch ihr Gehirn. Die Elektroschocktherapie, welche in Grossbritannien nur noch selten angewendet wird, war ein verzweifelter Versuch, ihren Zustand zu verbessern. «Die ganze Zeit glaubten sie, dass ich einen geistigen Zusammenbruch hatte», sagt sie.
Richtige Diagnose folgt erst nach drei Monaten
Erst nach drei Monaten folgt die richtige Diagnose: Lucy Dawson leidet nicht an einer psychiatrischen Erkrankung, sondern an Enzephalitis – einer Gehirnentzündung! Diese kann zu Krampfanfällen, zu Verhaltensveränderungen und zum Tod führen. Dawson erinnert sich: «Tatsächlich war ich krank, ich konnte jeden Tag immer weniger sprechen. Irgendwann konnte ich mich überhaupt nicht mehr bewegen.»
Einmal hat Dawson einen so heftigen Anfall, dass sie aus dem Bett fällt und sich an einem unbedeckten Heizkörper verbrennt. Dabei wird ein Nerv in ihrem Bein verletzt, so dass sie auf Gehhilfen angewiesen ist.
Das Spital gesteht auch Fehler ein: «Es tut uns aufrichtig leid für jede Behandlung, die unter unseren erwarteten Standards lag und für die Auswirkungen, die dies auf Lucy und ihre Familie hatte», sagt die Direktion gegenüber «The Sun». Daraus wolle man Lehren für die Zukunft ziehen.
Jetzt kämpft sie für Sichtbarkeit von Menschen mit Behinderungen
Am Ende folgt doch ein Happy End. Mit der Zeit erholt sich Dawson langsam. Ihr gelingt sogar der Universitätsabschluss. Und: Sie wird von einer Modelagentur entdeckt, die Menschen mit Behinderungen unter Vertrag nimmt.
Heute arbeitet Dawson Vollzeit als Model und engagiert sich für die Sichtbarkeit von Menschen mit Behinderungen in der Modebranche. So ist sie auf den Fotos stets mit einem Gehstock zu sehen. (szm)