«Ich musste mich ausziehen. Dann fingen sie an, meine Finger mit einer Zange zu zerquetschen. Sie jagten mir Heftklammern in meine Finger, Brust und Ohren. Ich durfte sie erst rausnehmen, wenn ich eine Aussage machte...Sie verdrahteten mich mit einer Autobatterie und versetzten mir Elektroschocks. Mit Taser-Pistolen schossen sie auf meine Genitalien», erzählt ein Opfer.
Seit dem Ausbruch der Unruhen im März 2011 wurden in Syrien zehntausende Menschen gefangen genommen, misshandelt und gefoltert. Diktator Baschar al-Assad verfügt im ganzen Land über ein weit verzweigtes Netz von Kerkern und Folterkammern.
Über 200 Gefangene befragt
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hat nun erstmals in einem Bericht anhand von Opferaussagen 27 dieser Folterkammern lokalisiert und die darin verübten Gräueltaten des Regimes aufgezeichnet. Verantwortliche Behörden und die zuständigen Folter-Offiziere werden mit Namen genannt.
Kern des Berichts stellen mehr als 200 Befragungen dar, die HRW seit Beginn der Proteste dokumentiert hat. Anhand von Skizzen wird gezeigt, wie Assad Foltern lässt.
«Er brach mir die Fussgelenke»
Zu den Methoden seiner Schergen gehören schwere Prügel, Schein-Hinrichtungen, sexuelle Übergriffe oder auch Säureverbrennungen. Gefangene werden mit dem Tod oder der Misshandlung von Angehörigen bedroht. Frauen berichten, wie sie Tage lang vergewaltigt wurden.
«Ich stiess ihn weg von mir», schildert eine Gefangene ihre Qual, «dann packte er mich an meinen Brüsten und schleuderte mich zu Boden. Er verprügelte mich mit einem Stock, brach mir meine Fussgelenke und die Hand».
«Häftlinge wurden wahnsinnig»
Aussagen über die Zustände in den Kerkern lesen sich wie ein Bericht aus der Hölle. «Wir waren etwa 65 Menschen in einer 3,5 Meter auf 3 Meter grossen Zelle», sagt einer der Befragten. «Drei Tage lang war ich da drin, es hatte keinen Platz, um sich hinzulegen. Manche drehten durch [...] einer bekam Wahnvorstellungen und fing an, auf andere zu pinkeln, die sich zum Schlafen hingesetzt hatten.»
Bei Assads Opfern handelt es sich laut HRW vor allem um junge Männer. Aber auch Frauen, Alte und Kinder werden in Syrien gefoltert. So berichtet etwa ein Zeuge von einem 8-jährigen Jungen, der neben ihm verprügelt und gefoltert wurde.
UNO-Sicherheitsrat soll aktiv werden
«Die Geheimdienste betreiben ein Netz von über das Land verstreuten Folterzentren», sagte HRW-Gutachter Ole Solvang. Mit dem heute veröffentlichten wolle HRW zeigen, dass sich das Regime für die furchtbaren Verbrechen würden verantworten müssen.
Die Menschenrechtsorganisation forderte den UNO-Sicherheitsrat auf, Sanktionen gegen das Regime in Damaskus zu verhängen, damit das Töten ein Ende finde. Wie viele Menschen inzwischen den Tod fanden, ist unklar, weil die Regierung keine unabhängigen Gutachter ins Land lässt. Die UNO geht von mindestens 12000 Toten aus, die meisten von ihnen Zivilisten. (rrt/sda)