Darum gehts
- Zug im deutschen Baden-Württemberg entgleist
- Unfall fordert drei Tote und rund 50 Verletzte
- Berichte über heftigen Regen vor Unglückszeitpunkt
Das wissen wir zum Zugunglück
- Gegen 18.10 Uhr entgleiste der Regionalexpress im Südosten von Baden-Württemberg
- Mindestens zwei Waggons sprangen aus den Schienen, einer davon stürzte um.
- 3 Menschen starben bei dem Unglück, mindestens 41 wurden verletzt, davon 25 schwer.
- Laut Polizei führte wohl ein Erdrutsch zur Entgleisung des Zuges. Die Unfallursache ist noch nicht definitiv geklärt.
- Vor dem Unglück gab es in der Region heftigen Regen. Dieser soll einen Kanaldeckel zum Überlaufen gebracht haben.
Mehr dazu, was wir zum Zugunglück wissen, erfährst du in unserem Überblick.
«Das war kein schönes Bild»
Joseph Ebe (80) wohnt in der Nähe der Unglücksstelle. Blick-Reporter Sandro Zulian hat mit ihm über das Unglück gesprochen. «Erst als die Feuerwehrautos und Krankenwagen kamen, habe ich es mitgekriegt.»
Er habe erst gedacht, es hätte in der Donau einen Notfall gegeben. «Aber bei dem Wetter fahren ja keine Boote, da kann da normalerweise nichts sein.» Dann habe er das Zugunglück mitbekommen. «Das war kein schönes Bild», so Ebe. Viel habe er aber selbst nicht sehen können. Er hofft, dass Massnahmen getroffen werden, damit solche Vorfälle nicht mehr passieren.
Polizei spricht über Unfallhergang
«Zum Unfallzeitpunkt herrschte Starkregen», sagt Sven Vrancken, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Ulm, im Gespräch mit Blick. «Aktuell gehen wir davon aus, dass ein Abwasserdeckel übergelaufen ist, das Wasser dann über die Böschung hinab zu den Gleisen geflossen ist und dadurch ein Erdrutsch verursacht hat», so Vrancken weiter. Im Anschluss seien das Geröll und die Steine aufs Gleisbett gelangt. «Daraufhin ist der herannahende Zug entgleist.»
Blick-Reporter vor Ort
Blick-Reporter Sandro Zulian ist zum Unfallort gefahren, hat sich einen Eindruck von der Lage vor Ort gemacht.
Was sagen die Menschen aus der Region? «Ich höre zum ersten Mal, dass so etwas hier in der Nähe passiert», sagte Jarom am verwaisten Bahnhof von Riedlingen zu Blick. «Sehr viele waren schockiert.» Jeder in Riedlingen rede über den Vorfall.
Alexander lebt seit 52 Jahren in Deutschland und arbeitet seit 20 Jahren als Busfahrer in der Region. «Das war für mich ganz schlimm», sagt er zu Blick. «Es ist mir ganz schlecht gegangen, als ich das gestern gehört habe.» Er habe mit vielen Menschen geredet. «Alle sind traurig, dass so etwas passieren konnte und, dass so viele Menschen verletzt worden sind.»
Schweres Unglück in Deutschland. Ein Zug ist am frühen Sonntagabend im Südosten von Baden-Württemberg entgleist. Ein Polizeisprecher vor Ort berichtet, dass drei Menschen ums Leben gekommen sind. Bei den Toten handelt es sich um den 32-jährigen Lokführer, einen 36-jährigen Auszubildenden der Bahn sowie um eine 70-jährige Insassin. Mindestens 41 Menschen wurden verletzt, 25 von ihnen schwer. Insgesamt befanden sich rund 100 Personen in dem verunfallten Zug.
Der Regionalexpress war von Sigmaringen nach Ulm unterwegs, als gegen 18.10 Uhr in der Nähe des Riedlinger Stadtteils Bechingen mindestens zwei Waggons entgleisten. Wie das Polizeipräsidium Ulm auf X mitteilt, ereignete sich der Unfall auf der Strecke zwischen Riedlingen und Munderkingen.
Polizei sieht Erdrutsch als mögliche Ursache
Die Unfallursache ist noch nicht abschliessend geklärt. Vor dem Unglück wütete in der Region ein Unwetter. Nach ersten Erkenntnissen der Polizei soll der heftige Regen einen Kanaldeckel zum Überlaufen gebracht haben. Das entstandene Hochwasser habe dann den Hang neben den Gleisen so aufgeweicht, dass dieser ins Rutschen kam, wie ein Polizeisprecher gegenüber Blick bestätigte. «Man sieht auch in der Botanik drumherum, dass da sehr grosse Kräfte am Werk waren», sagte Kreisbrandmeisterin Charlotte Ziller.
Ein Kreisbrandmeister beaufsichtigt und koordiniert Feuerwehreinsatzkräfte und kann grössere Einsätze auf Kreisebene leiten.
Ein Kreisbrandmeister beaufsichtigt und koordiniert Feuerwehreinsatzkräfte und kann grössere Einsätze auf Kreisebene leiten.
Der Zug war nach Erkenntnissen der Ermittler mit etwa 80 Kilometern pro Stunde unterwegs.
Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes zogen in den frühen Abendstunden unwetterartige Gewitter über die Region. Lokal seien in kurzer Zeit 30 bis 40 Liter pro Quadratmeter gefallen, sagt Meteorologe Dominik Smieskol. Allerdings habe der Wetterdienst am genauen Unglücksort keine Messstation, um für dort konkrete Angaben machen zu können.
Wärmebildkamera im Einsatz
Die Leitstelle Reutlingen meldete kurz nach dem Unglück einen «Massenanfall von Verletzten», was bedeutet, dass eine grosse Zahl von Verletzten versorgt werden musste. Mehrere Hundert Einsatzkräfte wurden aufgeboten. Am Unfallort waren auch sechs Rettungshelikopter im Einsatz.
Wie die «Augsburger Allgemeine» schreibt, sei mit einer Wärmebildkamera geschaut worden, ob sich Menschen unter dem Zug befinden. Weiter sei eine Rohrreinigungsfirma angerückt, um mit einer Endoskopkamera schwer zugängliche Bereiche zu untersuchen.
Laute Schreie zu hören
Auf Videoaufnahmen vom Ort des Geschehens ist zu sehen, wie die Helfer von Feuerwehr und Rettungsdienst auf den entgleisten Waggons arbeiten, um sich Zugang zu den Fahrgästen zu verschaffen.
Zudem sind laute Schreie zu hören. Auf den Aufnahmen sind mehrere entgleiste Waggons sichtbar, mindestens einer ist umgestürzt. Zu sehen sind ausserdem umgestürzte Bäume. Eine Achse des Zuges ist offenbar bei dem Unglück abgerissen worden und liegt am Rande des Gleisbetts.
Bahn-Chef: «Tief empfundenes Mitgefühl»
Die Deutsche Bahn (DB) äussert sich bestürzt über den tödlichen Unfall. «Unsere Gedanken und unser Mitgefühl sind bei den Opfern und allen, die das Erlebte nun verarbeiten müssen», heisst es in einer Mitteilung auf X. Bahn-Chef Richard Lutz will sich am Montag vor Ort ein Bild von der Lage machen. Er wolle den Einsatzkräften persönlich danken, kündigte er in einer Mitteilung an. Alle bei der Deutschen Bahn seien tief erschüttert und bestürzt über das schwere Zugunglück. Lutz: «Mein tief empfundenes Mitgefühl und meine Anteilnahme gilt den Angehörigen der Verstorbenen. Den Verletzten wünsche ich eine schnelle und vollständige Genesung.»
Auch Bundeskanzler Friedrich Merz (69) bekundet seine Anteilnahme. «Wir trauern um die Opfer. Ihren Angehörigen spreche ich mein Mitgefühl aus.» Mit dem Innenminister und dem Verkehrsminister stehe er im engen Kontakt und habe sie gebeten, die Rettungskräfte mit allen Mitteln zu unterstützen, schreibt Merz auf X.
Das Tochterunternehmen DB Regio BW betreibt das Regionalzugnetz Donau-Ostalb. Hierzu gehört auch die betroffene Linie RE 55, die stündlich bis alle zwei Stunden fährt. Auf ihrer Internetseite informiert die Bahn, dass der Verkehr zwischen Munderkingen und Sigmaringen eingestellt wurde. Die Dauer der Sperrung ist unklar.