Schlagabtausch zwischen China und den USA – Oxford-Ökonom befürchtet Schlimmes
«Wenn niemand nachgibt, wird es gefährlich»

Die Eskalation im Handelskrieg zwischen den USA und China erreicht neue Höhen: Die USA verhängen weitere Zölle – und China schwört, bis zum Ende zu kämpfen. Was könnte als Nächstes kommen? Der China-Experte George Magnus analysiert, wie gefährlich es nun werden kann.
Publiziert: 09.04.2025 um 17:30 Uhr
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Aktualisiert: 09.04.2025 um 20:08 Uhr
Einst Gesprächspartner, nun Kontrahenten: Zwischen Xi und Trump ist der Ton frostig – und die Zölle schiessen in die Höhe.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

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Chiara SchlenzAusland-Redaktorin

Die Fronten verhärten sich – und das Tempo der Eskalation nimmt rasant zu. Nachdem die USA Anfang der Woche die Zölle auf chinesische Waren auf bis zu 104 Prozent angehoben haben, schlägt China nun mit voller Wucht zurück: Ab Donnerstag erhebt Peking Zölle in Höhe von 84 Prozent auf US-Waren – deutlich mehr als die ursprünglich angekündigten 34 Prozent. Und auch Trump lässt das nicht auf sich sitzen: Er verkündet am Mittwochabend eine Zoll-Pause für alle Länder ausser China. Den Chinesen-Zoll will er dafür nochmal erhöhen, auf 125%!

Was bedeutet diese dramatische Wende im Wirtschaftskonflikt der beiden Supermächte? Und wie weit ist China bereit zu gehen? Der Oxford-Ökonom George Magnus erklärt, was hinter Chinas Strategie steckt – und warum die Welt mit dem Schlimmsten rechnen muss.

Welche Massnahmen könnte China noch gegen die USA erheben?

Laut George Magnus, der am China-Zentrum der Universität Oxford forscht und lehrt, besitzt China nach wie vor eine Reihe wirksamer Instrumente: «China könnte natürlich weitere Zölle auf die 140 Milliarden US-Dollar Importe erheben, aber das bringt kaum zusätzlichen Einfluss.» Stattdessen seien gezielte Aktionen gegen amerikanische Firmen, Einschränkungen von Agrarimporten oder eine Verringerung der Zusammenarbeit bei der Fentanyl-Bekämpfung denkbar. «China könnte gegen das geistige Eigentum der USA vorgehen, den Export von Dienstleistungen behindern und die Massnahmen gegen amerikanische Unternehmen verschärfen», führt Magnus weiter aus. China werde wohl «firmenspezifisch vorgehen, nicht unbedingt allgemein gegen alle Handelswaren».

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US-Präsident Donald Trump hat die Zölle auf chinesische Waren auf bis zu 104 Prozent erhöht – und setzt damit voll auf Eskalation.
Foto: IMAGO/ZUMA Press Wire

Wieso wird China nicht klein beigeben?

Die Frage nach dem Nachgeben ist vor allem kulturell und politisch aufgeladen. Magnus erklärt, Chinas aktuelle Strategie bestehe darin, «standhaft zu bleiben gegen das, was es als einseitiges Mobbing bezeichnet». Ziel sei, «andere Länder zu Vergeltungsmassnahmen zu ermutigen und Trump später wieder an den Verhandlungstisch zu zwingen». Chinas Regierung ist sich bewusst, dass der Konflikt ökonomisch schmerzlich ist – doch «China will diesen Handelskonflikt eindeutig gewinnen». Denn politisch gilt: «China wird bis zum Ende kämpfen, wenn die USA weiter auf dem falschen Weg beharren», so Magnus mit Bezug auf offizielle Äusserungen Pekings.

Welche globalen Folgen hätte eine weitere Eskalation?

Die Auswirkungen einer andauernden Eskalation wären erheblich. Magnus warnt vor grossen Konsequenzen: «Wenn die aktuellen Zölle nicht bald zurückgenommen werden, könnten Chinas Exporte in die USA innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre um bis zu 50 Prozent einbrechen.» Dies würde weltweite Folgen nach sich ziehen: «Der Rest der Welt, besonders die EU, muss sich auf eine Welle umgeleiteter chinesischer Exporte vorbereiten, zusätzlich zu jenen, auf die wir ohnehin schon reagieren.»

Ausserdem könnte die globale Wirtschaft noch stärker leiden: «Eine US-Rezession ist möglich oder zumindest eine starke Verlangsamung der Wirtschaft – und dies wird unweigerlich auf die globale Ökonomie überschwappen», mahnt Magnus.

Kann eine diplomatische Lösung erlangt werden?

Noch ist eine diplomatische Lösung nicht ausgeschlossen. Magnus betont: «Weder die USA noch China wollen oder können sich eigentlich einen totalen Handelskrieg leisten.» Er hält es weiterhin für möglich, dass es später im Jahr zu einem gewissen Kompromiss kommen könnte, denn: «Beide Seiten haben ein gemeinsames Interesse daran, etwas zurückzurudern. Es gäbe genügend Verhandlungsspielraum.» Doch aktuell sei die Zeit für Diplomatie noch nicht reif – und wenn sie kommt, «ist nicht klar, wer dann die stärkeren Karten in der Hand hält.»

Wo endet es, wenn sich die Eskalationsspirale so weiterdreht?

Magnus warnt eindringlich vor einer Fortsetzung der Eskalation: «Wenn keine Seite nachgibt, wird der Handel nicht der einzige Bereich sein, in dem Probleme entstehen. Der Konflikt könnte sich leicht ausweiten, zum Beispiel nach Taiwan und in andere sicherheitspolitisch sensible Gebiete.» Die Situation könne «sehr gefährlich» werden, weshalb Magnus darauf hofft, «dass zumindest eine Übergangsvereinbarung getroffen wird».

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