Die Russin Anastasia Jeschenko (†24) wurde in der Nacht auf Freitag grausam ermordet. Ihr Freund, Oleg Sokolow (63), hatte die junge Frau erschossen, den Körper in mehrere Teile zersägt und versucht, die Leiche im Fluss zu versenken (BLICK berichtete).
Jetzt kommen neue Details ans Licht.
Der renommierte Geschichtsprofessor plante im Anschluss an die Tat offenbar, Selbstmord zu begehen. Dies sollte allerdings nicht im stillen Kämmerchen zu Hause erfolgen, sondern in aller Öffentlichkeit.
Demnach wollte sich der Napoleon-Experte im Kostüm des französischen Kaisers bei der berühmten St. Petersburger Sehenswürdigkeit Peter-und-Paul-Festung selbst richten. Vor den Augen zahlreicher Touristen. In einem Abschiedsbrief, den er bei sich getragen hätte, würde er seine Motive erklären. Zu Hause plante er, ein Testament zu hinterlassen, berichtet «47 news».
Mord aus Eifersucht?
Jeschenko und Sokolow waren seit einigen Jahren ein Paar und lebten in einer Wohnung in der Nähe des St. Petersburger Flusses Moika zusammen. Am Donnerstag kam es zu einem Streit zwischen dem Professor und seiner ehemaligen Studentin. Das sagte Jeschenkos Bruder Sergej gegenüber «RBK».
Demnach wollte die 24-Jährige zum Geburtstagsfest eines Freundes. Als Sokolow davon erfahren hat, brannten bei ihm die Sicherungen durch. Er beschimpfte die junge Frau und schlug sie so heftig, dass sie mit dem Kopf auf den Boden knallte. Am Freitag um 1 Uhr verliess sie die Wohnung und rief ihren Bruder an. «Ich bat sie, nicht mehr zurückzugehen. Sie sagte aber, sie müsse noch ihre Sachen abholen und kehrte darum wieder in die Wohnung zurück», sagt der Bruder. Um zwei Uhr war sie tot.
Leiche lag versteckt im Schrank
Der 63-Jährige erschoss sie mit einem kleinkalibrigen Gewehr. Wie das Portal «Fontanka» schreibt, lag die Leiche den ganzen Freitag in seiner Wohnung. An diesem Tag soll der Professor gar noch Besuch empfangen haben, während seine tote Freundin im Zimmer daneben in einem Schrank versteckt war.
In der Nacht auf Samstag beschloss Sokolow, die Leiche loszuwerden und trennte der Frau mit einer Säge den Kopf, die Beine und die Arme ab.
Die Beine steckte er in einen Plastiksack. Die Arme packte er zusammen mit einer Pistole in einen Rucksack. Damit machte er sich dann auf den Weg zur Moika.
Zuerst soll er den Plastiksack ins Wasser geworfen haben. Als auch der Rucksack im Fluss war, landete er auch selber drin. Einigen Berichten zufolge flog er unbeabsichtigt rein, weil er betrunken war. Gemäss anderen Medienangaben sprang er freiwillig ins Wasser, weil der Rucksack immer noch an der Oberfläche schwamm.
Einige Zeit später wurde der Mann von Rettungskräften aus dem Wasser gefischt und zunächst wegen Unterkühlung ins Spital gebracht.
Nachdem der Inhalt seines Rucksacks ans Licht kam, wurde der 63-Jährige des Mordes angeklagt. Seit Sonntag sitzt er in Untersuchungshaft.
Unbekanntes Skelett aufgetaucht
Später fanden die Taucher den Plastiksack mit den Beinen der Frau. Ausserdem stiessen sie auf das Skelett eines anderen Menschen. Wem die Knochen gehören, ist bisher jedoch unklar.
Der Kopf und der Körper der 24-jährigen Studentin lagen noch in der Wohnung des mutmasslichen Täters. Ebenfalls dort fanden die Ermittler mehrere Messer, eine Säge, eine Axt, ein kleinkalibriges Gewehr sowie 50 Patronen.
«Noch nie so viel Aggression gesehen»
Sokolow gestand die Tat, sagte sein Anwalt Alexander Potschujew vor den Medien. Er fügte hinzu, dass sein Mandant die Tat bereut. Seinen Angaben nach soll er jedoch im Affekt gehandelt haben.
Am Montag gab der 63-Jährige im Gerichtssaal seine beiden Töchter als Grund für den Streit an. «In der letzten Zeit reagierte sie (Jeschenko Anm. d. Red.) ganz schrecklich auf sie. Wenn ich sie erwähnte, fing sie an, durchzudrehen», sagte er. «Ich habe noch nie so viel Aggression gesehen», sagte Sokolow. Kurz vor ihrem Tod habe die 24-Jährige ihn mit einem Messer attackiert. Dann schoss er vier mal auf sie.
«Die junge Frau, die ich für perfekt hielt, verwandelte sich plötzlich wie im Märchen in ein schreckliches Monster», sagte Sokolow mit weinerlicher Stimme. «Wir haben die Kontrolle verloren. Ich verstehe nicht, wie das passieren konnte.»
Bis 8. Januar in U-Haft
Ebenfalls versuchte der Professor bei der Anhörung, die Medien aus dem Saal zu jagen. «Entfernen Sie die Journalisten aus dem Saal! Sie werden sonst alles heute ins Internet stellen», wandte sich Sokolow an die Richterin. Diese antwortete: «Ich muss Sie enttäuschen, es ist schon überall alles geschrieben.»
Der Professor muss nun bis 8. Januar 2020 in der Untersuchungshaft bleiben. Seine Anwälte versuchen nun, die mögliche lebenslange Haft abzuwenden und auf drei Jahre zu verkürzen.
Ex-Freundin mit Bügeleisen bedroht
Die junge Frau stammte aus der südrussischen Stadt Krasnodar und ist die Tochter einer Innenministeriums-Mitarbeiterin. Von Freunden und Verwandten wird sie als «sehr ruhige, nette und fleissige Studentin» beschrieben.
Sokolow dagegen sei «impulsiv und emotional», heisst es aus seinem Umfeld. 2008 soll er seine damalige Freundin ebenfalls geschlagen haben. Als sie ihm sagte, dass sie ihn verlassen werde, fesselte er sie ihren Aussagen zufolge an einen Stuhl und bedrohte sie mit einem heissen Bügeleisen. Die junge Frau erstattete zwar Anzeige. Allerdings kam der Fall nie vors Gericht, schreibt «MK».
Oleg Sokolow ist eine Institution. Der Mann gilt als einer der renommiertesten Napoleon-Experten weltweit, als führende Fachperson in Russland. Er schrieb diverse Bücher, hat einen Youtube-Channel und diente als Berater bei zahlreichen Geschichtsfilmen. 2003 wurde er in Frankreich zum Ritter der Ehrenlegion ernannt, das ist die ranghöchste Auszeichnung unseres Nachbarlands. (man)