Zwei junge Frauen, die sich unter der historischen weiss-rot-weissen Fahne von Belarus (Weissrussland) küssen; Menschen, die gemeinsam gegen Sicherheitskräfte vorgehen, um Festnahmen zu verhindern. Die friedliche Revolution in Minsk hat auch viele emotionale Momente.
Mit «Herz und Liebe», aber auch mit Verstand Veränderungen erreichen, das sei das Ziel der Freiheitsbewegung, sagte die prominente Oppositionelle Maria Kolesnikowa.
Bei den Protesten gegen den umstrittenen Staatschef Alexander Lukaschenko tritt Kolesnikowa immer wieder unerschrocken den Sicherheitskräften gegenüber. Mit den Fingern formt sie ein Herz und hält den Uniformierten das entgegen: «Mit Liebe zum Sieg.»
Für die Armee und die Sonderpolizei OMON hat die 38-Jährige am Sonntagabend eine Botschaft mitgebracht: «Wir werden euch auch befreien», ruft sie ihnen am Präsidentenpalast zu. Das Herz ist längst zum Symbol der Bewegung um den inhaftierten Ex-Bankenchef Viktor Babariko geworden, der ursprünglich gegen Lukaschenko bei der Präsidentenwahl am 9. August antreten wollte, aber nicht zugelassen wurde.
Lukaschenko lehnt Rücktritt ab
Im Kontrast zu den vielen Liebesbekundungen stehen die Hassbotschaften, die von der Staatspropaganda in Belarus mit Hilfe aus Russland täglich verbreitet werden. Schwule, Lesben und der ganze verdorbene Westen wollten den Untergang des Staates herbeiführen, heisst es. Staatschef Lukaschenko bezeichnet die Demokratiebewegung, die am Sonntag wieder Zehntausende Menschen in Minsk auf die Strasse brachte, als «Ratten». Einen Rücktritt lehnt er ab.
«Ich will hier einfach in einem freien Land leben und nicht in einem System, in dem sich alles um diesen alten Mann dreht, der seit 26 Jahren jedem vorschreibt, was richtig und was falsch ist», sagt die 21 Jahre alte Studentin Lisa in einem Café in Minsk. Sie habe keine Angst mehr, auch nicht vor möglicher Haft. «Die Proteste werden nicht weggehen. Wir werden diesen Diktator mit unserem Druck Schritt für Schritt verrückt machen, bis er es begreift und geht.» (SDA)