Am 28. April 1986 heult im schwedischen AKW Forsmark der Alarm auf: Erhöhte Radioaktivität. Doch in Schweden lief alles wie immer. Die radioaktiven Partikel stammten aus dem Kernreaktor Tschernobyl, der aufgrund einer Kernschmelze explodierte. Der Super-GAU hatte sich bereits zwei Tage zuvor ereignet.
Die «Walking-Ghost-Phase»
In Tschernobyl waren zu dem Zeitpunkt bereits Menschen durch akute Strahlenkrankheit gestorben. Akute Strahlenkrankheit führt zu sofortiger Übelkeit und Schwäche. Dann folgt die sogenannte «Walking-Ghost-Phase», bei der man sich mehrere Tage wohlfühlen kann, bevor die Sterbephase eingeleitet wird: Zelltod im Magen-Darm-Trakt, starker Durchfall, Blutungen, Tod innert weniger Tage.
Durch den Tschernobyl- Super-GAU starben verhältnismässig wenige Menschen den schnellen Tod. Von den Abertausenden Menschen, die an den Aufräumarbeiten beteiligt waren, erhielten rund 1000 schwere bis tödliche Strahlendosen.
Schon geringe Dosen führen zu einem langen Leidensweg. Heute, 25 Jahre später, schätzt man, dass allein in Russland 25 000 der damaligen Aufräumarbeiter an den Folgen gestorben sind.
40 Prozent mehr Krebs
In den stark verstrahlten Gebieten stieg die Krebsrate in der Bevölkerung um 40 Prozent an. Denn durch radioaktive Strahlung bilden sich sogenannte Radikale. Mit diesen kann der Körper zwar mit seinen Reparaturmechanismen bis zu einem gewissen Grad umgehen, werden es aber zu viele, kommt es zum GAU im Körper: Wichtige Enzyme werden funktionsunfähig, es gibt Schäden an der DNA. Vermehren sich die geschädigten Zellen, kann dies zu Krebs führen.
In Europa entdeckt man die Spätfolgen von Tschernobyl noch in der Nahrungskette: Pilze aus Osteuropa oder Wildschweinfleisch aus Bayern sind noch immer mit dem damals abgeregneten Cäsium-137 belastet.
Japans kennt Strahlungs-Folgen
Japan kennt die gesundheitlichen Schädigungen durch Radioaktivität nur zu gut: Noch heute sterben Menschen an den Spätfolgen der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki (1945) – obwohl diese relativ wenig Strahlung freisetzten. Tschernobyl schleuderte 200-mal mehr radioaktive Stoffe in die Umwelt.
Ein Super-GAU in Japan wäre noch verheerender: Da die Brennstäbe weniger häufig ausgetauscht werden, hat dieser Typ Kernkraftwerk ein 20- bis 30-mal so hohes Radioaktivitätsinventar wie das AKW Tschernobyl.