Der Brexit findet nicht erst am 31. Oktober statt, er hat bereits begonnen. Premierminister Boris Johnson (55) hat am Mittwoch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (65) und am Donnerstag den französischen Präsidenten Emmanuel Macron (41) besucht. Die Reise auf dem Festland wurde für Johnson zur Abschiedstour bei seinen bisher engsten Partnern.
Im Elysée-Palast kam es zu einer bizarren Situation: Ein Foto zeigt, wie Johnson Macron breitbeinig gegenübersitzt, mit einer viel zu langen Krawatte auf dem Bauch – und dem rechten Fuss auf einem Beistelltisch. Stellt der britische Premier hier demonstrativ seine flegelhafte Art zur Schau? Verleiht er hiermit seiner bekanntermassen geringen Wertschätzung gegenüber der EU Ausdruck?
Video zeigt, was wirklich los war
Wie ein von einem Journalisten des Nachrichtensenders Sky News auf Twitter gepostetes Video zeigt, haben die Staatsmänner jedoch nur zusammen gescherzt. Macron habe erwähnt, dass der Tisch auch als Fussbank dienen könnte, worauf dies Johnson zum Spass gleich ausprobiert habe.
Geschenke gab es auf Johnsons EU-Abschiedstour trotz der allseits demonstrierten Bestlaune keine. Sowohl in Berlin als auch in Paris wurde dem britischen Besucher klargemacht, dass am Austrittsvertrag nicht mehr gerüttelt werde. Umstritten ist vor allem, wie verhindert werden kann, dass zwischen dem EU-Mitglied Irland und dem britischen Nordirland eine neue Grenze mit Kontrollen entsteht. Dafür sieht das Abkommen den sogenannten Backstop vor. Johnson, der eigentlich ein Abkommen möchte, will ihn gestrichen haben, weil er fürchtet, dass Nordirland Richtung Republik Irland und somit Richtung EU abdriften könnte.
Finnen stimmen für Briten ab
Gleichzeitig zur Abschiedstour begann Johnson auch, die Bande zur EU in Brüssel zu lösen: Um zu zeigen, dass es ihm mit dem Brexit ernst ist und er auch einen harten Austritt ohne Nachfolgeregelung in Kauf nimmt, zieht Johnson seine Diplomaten teilweise schon vor dem Austrittsdatum aus Sitzungen zurück.
Findet eine Sitzung ohne Briten statt, sollen die Finnen, die zurzeit den EU-Ratsvorsitz innehaben, an deren Stelle abstimmen können. Der britische Brexit-Unterhändler David Frost (54) teilte seinen Kollegen laut dem Politportal «Euractiv.de» mit, Finnland werde eine Bevollmächtigung für die britische Stimme erhalten und solle sie «in einer Weise nutzen, die die EU nicht daran hindert, voranzukommen».
Werden die Briten zum USA-Juniorpartner?
In der EU herrscht nun Angst davor, dass sich die Briten den Amerikanern zuwenden könnten. Macron warnte daher Johnson vor einem Handelsvertrag mit den USA und sagte: «Ich glaube nicht, dass es der Wille des britischen Volks ist, Juniorpartner der USA zu werden.»
Am 23. Juni 2016 stimmten 51,9 Prozent der Briten für den Austritt aus der EU. Seitdem findet ein langwieriger Prozess der Kompromissfindung zwischen britischer Politik und der EU statt. Am 31. Januar 2020 treten die Briten offiziell aus der EU aus. Behalten Sie den Überblick im Brexit-Chaos mit dem Newsticker von Blick.ch.
Am 23. Juni 2016 stimmten 51,9 Prozent der Briten für den Austritt aus der EU. Seitdem findet ein langwieriger Prozess der Kompromissfindung zwischen britischer Politik und der EU statt. Am 31. Januar 2020 treten die Briten offiziell aus der EU aus. Behalten Sie den Überblick im Brexit-Chaos mit dem Newsticker von Blick.ch.