Otto Warmbiers fataler Studentenstreich in Nordkorea
Tot wegen dieses Plakates

Koma-Patient Otto Warmbier (†22) ist kurz nach seiner Rückkehr in die USA verstorben. BLICK erklärt die irre Geschichte. Am Anfang stand eine dumme Mutprobe um ein 10'000-Franken-Auto.
Publiziert: 20.06.2017 um 19:45 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 03:25 Uhr
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Simona Boscardin

Für ein Plakat liess Otto Warmbier (22) sein Leben. Der US-Student kehrte nach 17 Monaten in nordkoreanischer Haft in seine Heimat zurück – im Koma. «Unser Sohn hat seine Heimreise beendet», schreiben seine Eltern – Otto Warmbier starb gestern.

Warmbier fuhr für einen Kurztrip nach Nordkorea 

Das Drama begann Ende 2015: Der Student plante in China sein Austauschsemester. Die Chance nutzte er für einen fünftägigen Kurztrip nach Nordkorea. Der Amerikaner hatte seine Reise mit dem chinesischen Reiseveranstalter «Young Pioneer Tours» gebucht, der auf seiner Website mit dem Slogan «Wir bringen dich an Orte, bei denen es deiner Mutter lieber wäre, wenn du ihnen ferngeblieben wärst.» Ein Klassiker: «Ultra-Budget»-Sauftouren in Pjöngjanger Pubs. Die Agentur bietet auch Touren im Iran, Kuba, Turkmenistan oder dem Irak an.

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Otto Warmbier bricht während seines Prozesses Anfang 2016 in Tränen aus.
Foto: AP

In der Neujahrsnacht schlich Otto Warmbier sich in eine für Touristen verbotene Hotel-Etage und klaute ein rotes Propagandaplakat. «Bewaffnet euch mit Kim Jong II's Patriotismus» prangte darauf in weisser Schrift. 

Ein gebrauchtes Auto oder 200'000 Dollar für das Plakat 

Das ganze war jedoch keine spontane Aktion, denn ein Freund aus der Methodisten-Kirche hatte Warmbier ein gebrauchtes Auto im Wert von 10'000 Dollar versprochen, wenn er ihm das Propagandaplakat als Trophäe bringen würde. Ebenso würde er der Mutter 200'000 Dollar spenden, falls Warmbier festgenommen und nicht mehr zurückkommen könne. Der 22-Jährige sagte während seiner Anhörung, dass er das Angebot angenommen hatte weil seine Familie unter schweren finanziellen Problemen litt.

Im Januar 2016 wurde Otto, als er zurück nach China reisen wollte, am Flughafen von Pjöngjang von zwei Beamten abgeführt. Wie ein Freund, der ebenfalls mit ihm nach Nordkorea gereist war der «Washington Post» erzählte, wirkte Otto gelassen und lächelte sogar. Er selbst hätte noch gewitzelt: «Nun, jetzt sehen wir dich wohl zum letzten Mal - was für eine Ironie.»

Als Beweis dient ein unscharfes Überwachungsvideo des Vorfalls 

Erst 20 Tage nach Warmbiers Verhaftung gab es eine offizielle Erklärung von den Behörden. Im März 2016 folgte dann der Prozess. Dieser wurde live im nordkoreanischen Staatsfernsehen übertragen. Otto Warmbier sagte unter Tränen, dass es der schlimmste Fehler seines Lebens gewesen war und bat um Vergebung. Nordkorea verurteilte ihn in einer einstündigen Verhandlung wegen «feindseliger Handlungen gegen den Staat» zu 15 Jahren Haft mit Zwangsarbeit. Als Beweis für den Diebstahl dient lediglich ein unscharfes Bild der Überwachungskamera des Hotels.

Sauftouren in Pjöngjang: So präsentiert sich Warmbiers Reiseanbieter «Young  Pioneer Tours» auf Instagram.

Zwei Monate nach der Verhandlung fiel Warmbier ins Koma. Er habe während seiner Haft eine Vergiftung erlitten, teilten die nordkoreanischen Behörden mit. Deswegen habe man ihm eine Schlaftablette gegeben – von der er nie mehr aufwachte.

Otto Warmbiers behandelnde Ärzte zweifeln an dieser Darstellung. Sie haben Tests unternommen und keine Anzeichen des besagten Gifts gefunden. Aufgrund der «furchtbaren, qualvollen Misshandlungen» in Nordkorea habe ihr Sohn solch schwere Hirnschäden erlitten, die leider «keinen anderen Ausgang» zuliessen, sagen die Eltern. Er habe nicht mehr sprechen und nicht mehr reagieren können. 

Die Amerikaner erwägen ein Reiseverbot 

«Wenigstens haben wir ihn zu seinen Eltern nach Hause bringen können», sagte US-Präsident Donald Trump. Über Nordkorea sagt er: «Es ist ein brutales Regime, aber damit werden wir fertig.» Schon am Mittwoch erwog Aussenminister Rex Tillerson ein Reiseverbot für Amerikaner nach Nordkorea: «Wir haben noch nichts entschieden aber ziehen es in Erwägung.»

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Ebenso hat der chinesische Reiseveranstalter, mit dem Otto Warmbier seine Reise plante, heute Stellung genommen. Sie würden ab jetzt keine Amerikaner mehr nach Nordkorea bringen: «Die Gefahr für Amerikaner, die nach Nordkorea reisen ist zu gross geworden.», schreiben sie auf ihrer Facebookseite. 

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