Noemi (3) von Mafia-Killer mitten in Neapel angeschossen
«Wir zogen ihr das T-Shirt aus und sahen das Einschussloch»

Das Leben des kleinen Mädchen hängt am seidenen Faden. Noemi war Freitagnachmittag bei einer Schiesserei im Süden Neapels in den Brustkorb getroffen worden. Das Neun-MIllimeter-Projektil zerriss beide Lungen des Kindes.
Publiziert: 05.05.2019 um 13:08 Uhr
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Aktualisiert: 05.05.2019 um 15:29 Uhr
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Die kleine Noemi (3) wurde am 3. Mai, gegen 17 Uhr auf der Piazza Nazionale im Süden Neapels von einem Mafia-Killer angeschossen. Sie war mit ihrer Mutter zur falschen Zeit am falschen Ort.
Foto: Facebook
Myrte Müller

Halte durch, Noemi! Grosse Buchstaben auf pinkfarbenem Papier, mit Draht an das Eingangstor des Kinderspitals Santobono geheftet, wollen Mut machen. Hinter der hellgrauen Fassade kämpft derweil ein Team von Chirurgen um das Leben der kleinen Noemi (3). Ein kleines Mädchen, das gerade vom Spielplatz kam, als ein Killer der neapolitanischen Mafia am Freitag gegen 17 Uhr auf offener Strasse in die Menge schoss. Ziel des Attentats ist eigentlich ein Mafioso des rivalisierenden Clans. Opfer aber wird auch ein unschuldiges Kind, das zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort war. (BLICK berichtete)

Ein Neun-Millimeter-Vollmantel-Geschoss hatte Noemis Brustkorb durchbohrt beide Lungenflügel zerrissen und Herz sowie Wirbelsäule nur um Millimeter verfehlt. In einer fast vierstündigen Not-OP gelingt es den Ärzten, die Blutungen zu stoppen und das Projektil in der Grösse einer Fingerkuppe aus dem schmächtigen Kinderkörper zu entfernen. Seitdem liegt Noemi im künstlichen Koma. Sie wird rund um die Uhr beobachtet. Die folgenden 48 Stunden seien entscheidend, erklärt Spitaldirektorin Annamaria Minicucci den italienischen Medien nach dem Eingriff, «es bleibt zu hoffen, dass die Lungen halten.»

«Erst im Bad sahen wir Noemis blutgetränktes Hemdchen»

Bange Stille herrscht auf der Intensiv-Station. Die Augen der Verwandten sind geschwollen vom vielen Weinen. Noemis Tante Jessica kann das Geschehen noch gar nicht fassen. Sie seien in die Stadt gegangen, berichtet sie dem «Mattino». Noemi, ihre Mama, ihre kleine Schwester, das Grosi und sie.

An der Piazza Nazionale machten sie halt. «Noemi blieb auch dem Trottoir vor dem Café Elites, während die Mutter mit der kleinen Schwerster aufs WC ging», erzählt Noemis Tante weiter, «die Grossmutter hielt Noemi an der Hand. Plötzlich hörten wir Schüsse.» Salven durchlöchern die Rattan-Tische und Stühle der Bar. 

Ihre kleine Nichte sei ganz blass geworden. «Die Augen waren aufgerissen», so Jessica, «wir gingen ins Bad, wuschen ihr das Gesicht. Erst da sahen wir, dass ihr Hemd blutgetränkt war. Wir zogen ihr das T-Shirt aus und sahen das Einschussloch.» Noemi kommt mit ins Spital. Auch ihr Grosi wird medizinisch versorgt. Immacolata M. (50) erleidet einen Streifschuss. 

Mafioso mit sechs Schüssen in Brust und Hals getroffen

In einem anderen Krankenhaus in Neapel ringt Salvatore Nurcaro (32) mit dem Tod. Auch der Mafioso eines Clans der neapolitanischen Camorra ist auf dem Trottoir. Er hat sein Handy am Ohr, als ein stark gebauter Mann in schwarzer Motorradkluft von einem Bike der Marke Benelli steigt. Der Töff war am Vortag gestohlen worden. Der Kerl lädt die Pistole durch. Salvatore Nurcaro versucht zu fliehen. Der Killer ballert wild auf den Mafioso. Sechsmal wird der Rivale in Brust und Hals getroffen. Er bricht blutüberströmt zusammen.

Seit Monaten tobt eine Fehde zwischen den Mafia-Clans Rinaldi und Mazzarella, die laut Francesco Forgione, Ex-Präsident der Anti-Mafia-Kommission, auch in Basel ihre Zelle hat. Erst Mitte April liess die Mazzarella-Familie Luigi Mignano (†57) von den Rinaldis vor dem Kindergarten ermorden. Der dreijährige Enkel musste alles mit ansehen.

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