Neue Studie hat einen Makel
Was ist an der angeblich tiefen Corona-Sterblichkeit dran?

Eine Studie der US-amerikanischen Stanford University hat die Sterblichkeit von Covid-19 untersucht. Das Resultat: Die Todesrate bei Corona-Infizierten scheint viel niedriger als angenommen – doch ein genauerer Blick auf die Zahlen schafft Klarheit.
Publiziert: 21.10.2020 um 10:45 Uhr
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Aktualisiert: 21.10.2020 um 11:07 Uhr
Eine Studie der amerikanischen Stanford University zur Coronasterblichkeit sorgte für Aufsehen.
Foto: AFP
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Eine neue Studie zur Sterblichkeit bei einer Coronavirusinfektion hat sogar Experten erstaunt. Denn laut den Forschungsergebnissen des Epidemiologen John Ioannidis von der Stanford University liegt diese im Schnitt bei etwa 0,23 Prozent – also tiefer als frühere Schätzungen. Erste Daten aus China hatten die Sterblichkeit einst auf 3,4 Prozent geschätzt. Zwischenzeitlich geht man von durchschnittlich einem Prozent aus.

Die Studie könnte den Eindruck erwecken, dass alles viel weniger schlimm ist, als angenommen. Doch die Zahlen weisen einen Makel auf, wie der «Spiegel» schreibt.

Dunkelziffer miteinbezogen

Denn Ioannidis arbeitete bei seiner Untersuchung mit der sogenannten Infektionssterblichkeit (IFR). Diese gibt an, wie hoch der Anteil der Verstorbenen gemessen an allen Infektionen ist – darin ist auch eine Dunkelziffer von bisher nicht entdeckten Infektionen eingerechnet.

Der Grund: Eine Ansteckung mit dem Coronavirus kann auch ohne Symptome verlaufen. Zudem wird längst nicht in allen Ländern umfangreich getestet – viele Infektionen werden daher erst gar nicht registriert. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) könnten sich weltweit zwanzigmal mehr Menschen angesteckt haben als nachgewiesen. Deshalb fällt der Prozentsatz der IFR auch so tief aus.

Neben der IFR gibt es noch die sogenannte Fallsterblichkeit (CFR). Sie gibt an, wie hoch der Anteil der Verstorbenen an allen – und das ist das entscheidende Wort – bekannten Infektionen ist. Auf diesen Wert bezieht sich beispielsweise auch das Robert-Koch-Institut, wenn es den täglichen Lagebericht in Deutschland veröffentlicht. Und dieser fällt deshalb auch viel höher aus.

Hängt von vielen Faktoren ab

Ziel des Epidemiologen Ioannidis war es nicht, eine weltweit gültige Infektionssterblichkeit zu bestimmen – so etwas wäre auch gar nicht möglich. Denn die Sterblichkeit kann von Land zu Land abweichen und hängt von vielen Faktoren ab. Beispielsweise spielt es eine Rolle, ob sich vor allem ältere Menschen infizieren, wie gut die medizinische Versorgung ist oder wie hoch der Anteil der Menschen mit Vorerkrankungen in der Bevölkerung ist.

Bei Ioannidis Untersuchung handelt es sich um eine Metastudie – eine solche wird aus mehreren bereits vorhandenen Studien ausgewertet. Die Infektionssterblichkeit bei denen von ihm ausgewerteten wissenschaftlichen Arbeiten schwankte zwischen null und 1,63 Prozent. (bra)

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Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.

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