Neue Details zum Berlin-Attentäter Anis Amri (†24)
Er schickte Selfies aus dem Terror-Truck

Neue Details zum Strafregister des Lastwagen-Attentäters von Berlin: Anis Amri erschwindelte Sozialhilfe, schlug einen Wachmann und suchte im Netz Bombenpläne. Trotzdem wurde die Gefahr eines Anschlags als gering eingestuft.
Publiziert: 29.12.2016 um 15:38 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 16:55 Uhr
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Der Schock war nach dem Anschlag gross.
Foto: AP/REUTERS/AFP

Zwölf Menschen hat er auf dem Gewissen, 50 weitere hat er zum Teil schwer verletzt. Anis Amri (†24), der Mann, der am 19. Dezember mit einem Lastwagen in Berlin in den Weihnachtsmarkt bei der Gedächtnis-Kirche raste, war vorher mehrmals ins Visier der Justiz geraten. 

Wie der «Spiegel» heute schreibt, beging Amri letztes Jahr Sozialhilfebetrug. Der Tunesier hatte acht verschiedene Identitäten benutzt, um im November 2015 mehrfach Sozialleistungen abzustauben. Die Schwindel flog auf. Die Staatsanwaltschaft Duisburg (D) eröffnete letzten April ein Ermittlungsverfahren gegen Amri. 

Auch in Berlin kannten ihn die Beamten

Ausserdem war er auch der Berliner Staatsanwaltschaft bekannt. Amri – der 2015 unter dem Namen Ahmad Zaghoul auftrat – soll einen Wachmann mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben. Das Verfahren wurde bald aber wieder eingestellt, da Zaghoul nicht auffindbar war. 

Wie der «Spiegel» schreibt, habe das deutsche Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Amri später absichtlich unter dem falschen Namen aufgeführt – um ihn in Sicherheit zu wiegen. Gleichzeitig liefen die Ermittlungen weiter.

Anschlag galt als «unwahrscheinlich»

Ein Vertreter jener Behörde war bei einer Besprechung über den Fall Amri im März 2016 dabei. Zwei Mal wurde darüber diskutiert, ob er einen Anschlag in Deutschland planen könnte. Laut «Bild» wurde dies beide Male als unwahrscheinlich eingestuft.

Im gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum wurde anschliessend entschieden, Amri eine Duldungsbescheinigung auf den Namen Ahmed Almasri auszustellen. Es ist dieser Ausweis, den Ermittler in der Führerkabine des Todes-LKW fanden.

Wie die «Süddeutsche» schreibt, suchte Amri ausserdem im Internet nach Anleitungen für den Bau von Rohrbomben und stellte Nachforschungen über die chemischen Prozesse für die Herstellung von Sprengstoff an.

Neues Profil fünf Tage vor der Tat

Noch am 14. Dezember, also fünf Tage vor dem Anschlag, erstellten die Sicherheitsbehörden ein neues Personenprofil Amris – inklusive aller Identitäten, Fotos, Sprachkenntnisse, wechselnde Wohnsitze, Gefängnisaufenthalte wegen Diebstahl in einer Asylunterkunft und vor allem verschiedener Kontakte zur Terrorgruppe Islamischer Staat. 

Noch kurz vor dem Attentat chattete Amri aus der Führerkabine des Lastwagens mit einem Verbündeten. Laut der «Süddeutschen» schrieb der Terrorist im Chat: «Mein Bruder, alles in Ordnung, so Gott will. Ich bin jetzt im Auto, bete für mich, mein Bruder, bete für mich.» Dann verschickte er ein Selfie und nahm Kurs auf den Weihnachtsmarkt. Zum Stehen kam das Fahrzeug erst durch die Unfallautomatik des Trucks, die ihn abbremste und dadurch noch Schlimmeres verhinderte. (stj)

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