Nach schweren Kämpfen
Hunderte Tote und Chaos in syrischer Provinz

Nach den tagelangen Kämpfen in der syrischen Provinz Suwaida treten immer deutlicher die Folgen der Auseinandersetzungen zutage. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte kamen mehr als 500 Menschen ums Leben, darunter viele Zivilisten.
Publiziert: 17.07.2025 um 21:54 Uhr
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Aktualisiert: 17.07.2025 um 22:14 Uhr
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Die syrischen Regierungstruppen werden für schwere Menschenrechtsverletzungen verantwortlich gemacht.
Foto: AFP

Darum gehts

  • Israel bombardiert Damaskus, Konflikt mit Drusen eskaliert
  • Suwaida leidet unter humanitärer Krise und Zerstörung
  • 83 drusische Zivilisten von Regierungstruppen exekutiert
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Keystone-SDADie Schweizer Nachrichtenagentur


Die Hochburg der drusischen Minderheit war zum Schauplatz blutiger Auseinandersetzungen zwischen Drusenmilizen einerseits und sunnitischen Beduinen und Regierungstruppen andererseits geworden. Zuletzt hatte Israel in den Konflikt eingegriffen und unter anderem Regierungsgebäude in Damaskus bombardiert.

Syriens Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa verurteilte die israelischen Luftangriffe scharf. Israel versuche, sein Land in einen Krieg hineinzuziehen, sagte al-Scharaa in einer am Morgen übertragenen Ansprache an seine Landsleute. Kritik an den Regierungstruppen aus Damaskus kam unterdessen von den Aktivisten der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte.

Aktivisten: 83 drusische Zivilisten exekutiert

Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte machte die syrischen Regierungstruppen für schwere Menschenrechtsverletzungen verantwortlich, darunter die Exekution von 83 drusischen Zivilisten. Ihre Leichen seien an Strassenrändern hinterlassen worden, teils gefesselt oder verbrannt. «Überall waren Leichen», sagte ein freiwilliger Helfer des Zivilschutzes in der Stadt.

Sunnitische Beduinen sollen aus Furcht vor Vergeltungsaktionen von Drusen mehrere Stadtviertel verlassen haben. «Beide Seiten leben in Angst und Unsicherheit in Suwaida», sagte der Leiter der in Grossbritannien ansässigen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, Rami Abdel Rahman.

«Wie ein wahr gewordener Alptraum»

Die humanitäre Situation in Suwaida war nach Angaben der Beobachtungsstelle prekär. Die Aktivisten riefen die internationale Gemeinschaft auf, dringend Hilfslieferungen zu leisten. «Es war wie ein wahr gewordener Albtraum», sagte eine Drusin aus der Stadt im Telefongespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Häuser seien in Trümmer gelegt worden, Menschen in Trauer oder auf der Flucht.

Auch nach dem Ende der Kämpfe war nach Angaben von Menschen vor Ort die Wasser- und Stromversorgung abgeschnitten. Das Krankenhaus der Stadt musste nach Angaben der lokalen Gesundheitsbehörde wegen Schäden geschlossen werden. Auch Bäckereien und Märkte blieben zunächst zu.

Netanyahu: Keine syrischen Streitkräfte südlich von Damaskus

Israel wollte mit seinem Eingreifen eigenen Angaben zufolge die Drusen schützen. Die Drusen sind eine religiöse Minderheit, die aus dem schiitischen Islam entstanden ist. Sie leben in Israel, Jordanien, dem Libanon und Syrien.

In Israel leisten die Drusen anders als die meisten muslimischen und christlichen Araber Militärdienst und spielen dort eine bedeutende Rolle in der Armee. In ihrer syrischen Hochburg Suwaida genossen sie während des Bürgerkriegs teils weitgehende Autonomie. Der von sunnitischen Islamisten geführten neuen Zentralregierung in Damaskus stehen viele Drusen skeptisch gegenüber.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu begründete das Vorgehen auch damit, dass er keine syrischen Regierungstruppen südlich der Hauptstadt Damaskus zulassen wolle. «Wir werden syrischen Streitkräften nicht erlauben, in die Region südlich von Damaskus einzudringen», sagte Netanyahu in einer Videoansprache.

Aufgrund des Eingreifens des israelischen Militärs in Syrien sei eine Waffenruhe in Kraft getreten und die syrischen Streitkräfte hätten sich nach Damaskus zurückgezogen, sagte Netanyahu weiter. Die Feuerpause sei «mit Stärke erreicht worden. Nicht durch Bitten, nicht durch Appelle – mit Stärke», betonte er.

Direkter Konflikt mit Israel abgewendet

Al-Scharaa betonte, die Drusen stünden unter dem Schutz des Staates und Verbrechen gegen die Minderheit würden ausnahmslos verfolgt. Gleichzeitig machte er drusische Anführer teilweise für die Auseinandersetzungen verantwortlich.

Ein direkter Konflikt mit Israel sei dank der Vermittlung durch die USA, die Türkei und arabische Staaten abgewendet worden, sagte al-Scharaa. Die Sicherheit in Suwaida sei nun in die Hände von lokalen Kräften gelegt worden, so der Übergangspräsident weiter.

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