Nach 2 Minuten war der Prozess vorbei
Schock-Urteil: 6 Jahre Knast für Melanie

Sechs Jahre und acht Monate Gefängnis. Dieses Urteil hat die Oltner Serviertochter Melanie B.* (19) in Peru gefasst. Vor ihr liegen Horrorjahre.
Publiziert: 16.05.2009 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 02:46 Uhr
Von Gabriela Battaglia und Michael Trelles

Drei Monate zitterte Melanie B.* im Frauenknast Santa Monica in Lima auf diesen Moment hin. Nun ist sie verurteilt. Die Akte trägt die Nummer 730-9009 mit dem Vermerk «Vorzeitige Beendigung».

Die Oltner Serviertochter wurde am 15. Februar zusammen mit ihrem Freund Stefan W.* (24) auf dem Internationalen Flughafen Jorge Chávez in Lima verhaftet. In ihrem Koffer kleben an den Seitenwänden fünf Päckchen: 2,058 Kilo reines Kokain (auf Blick.ch). Vorgestern Morgen fährt ein Gefängnistransporter Melanie B. an einen Hintereingang des Obergerichts in Lima. Drinnen, hinter verschlossenen Türen, sind anwesend: ihr Anwalt, Drogen-Staatsanwalt Juan Bautista Mendoza Abarca (43) und Richter Víctor Jimmy Arbulú Martínez. Dann folgt die Überraschung: Die Verhandlung dauert nur gerade zwei Minuten. Dann wird das Urteil verkündet: 6 Jahre und 8 Monate Knast. Plus eine Busse von umgerechnet 1333 Dollar.

«Ich bereue es», sagte Melanie vor dem Richter. Nicht nur das. Melanie B. gab auch zu, dass sie wusste, was sie in ihrem Koffer transportierte. Und die Oltner Serviertochter gab auch Namen ihrer Hintermänner bekannt.

Unter Justizkennern in Peru gilt das Urteil zwar als «mild». Doch für die Serviertochter bedeutet es die Hölle. Der Frauenknast im Armenviertel Chorillos ist völlig überfüllt. Melanie B. schläft mit andern Frauen auf dem Boden in einer winzigen Zelle.

Mitte April besuchten Melanies verzweifelte Eltern ihre älteste Tochter im Knast. Gestern waren sie für den BLICK für eine Stellungnahme zum Urteil nicht erreichbar.

Im Frauenknast in Lima sitzt seit 2006 auch die Schweizerin Sandra M.** (28). Ebenfalls wegen Drogenschmuggels. Ihre Mutter Maria M.** bricht in Tränen aus, als sie vom Urteil für Melanie erfährt. «Mein Gott! Das ist ganz schlimm. Ich bin sehr traurig», schluchzt sie am Telefon.

Schockiert ist auch Melanies frühere Nachbarin Marlies L.* (56) in Olten. «Mich friert es. Das tut mir leid für Melanie», sagt sie BLICK. «Das arme Mädchen ist kaputt, wenn sie endlich in die Schweiz zurückkommt.» Ihre Tochter Alexandra (23) ist froh, dass Melanie alles zugegeben hat. «Sonst hätte sie sicher noch eine viel höhere Strafe bekommen.» Alexandra war einmal die Freundin von Stefan W.: «Melanie ist ihm hörig», sagt sie.

Im Jahr 2008 hatte Melanie B. den Serben Boban B.* (25) geheiratet, einen Freund von Stefan W. Offenbar eine Scheinehe, die jetzt vom Migrationsamt in Solothurn untersucht wird. Ihre serbischen Schwiegereltern in der Schweiz wollen sich jedenfalls nicht zum Urteil äussern. «Ich will nichts wissen», sagt der Schwiegervater gestern Abend BLICK und legt das Telefon auf.

Melanie B. nimmt den konsularischen Schutz der Schweiz in Anspruch. Bei guter Führung hat sie die Chance auf eine frühzeitige Entlassung. Beobachter rechnen mit 3 bis 3½ Jahren Haft: «Die reduzierte Strafe kam sicher auch wegen der Schweizer Botschaft zustande.»

«Melanie B. und Stefan W. haben sich des bandenmässigen internationalen Drogenhandels schuldig gemacht», hält Staatsanwalt Mendoza Abarca in seinem Untersuchungsbericht fest. Er kennt kein Erbarmen. Auch nicht mit einer naiven Schweizerin.

* Namen der Redaktion bekannt ** Namen geändert

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