Ausgerechnet in Teheran. Ausgerechnet jetzt, während sich der Konflikt zwischen den USA und dem Iran mehr und mehr zuspitzt. Ausgerechnet in diesen Stunden stürzt eine Boeing 737 ab, alle Insassen sind tot. Vier Stunden vor dem Absturz liess der Iran zwei Militärstützpunkte im Irak angreifen. Dutzende Raketen kamen zum Einsatz.
Wurde die Maschine womöglich abgeschossen? Verwechselte die iranische Flugabwehr das Passagierflugzeug mit einem US-Militär-Jet?
Die Maschine des Typs Boeing 737-800 NG (Baujahr 2016) wurde noch zwei Tage vor dem Absturz überprüft. Mängel wurden nicht festgestellt, teilt die Airline mit. Dennoch behauptete die iranische Luftfahrtbehörde, dass der Absturz eine technische Ursache habe.
Stellungnahme zurückgezogen
Nur: Wie die Behörde zu dieser Einschätzung kam, ist bislang unklar. Auch die ukrainische Botschaft im Iran äusserte sich zur Absturzursache. Zuerst war von Triebwerkversagen die Rede, eine Attacke könne ausgeschlossen werden. Kurz darauf wurde die Stellungnahme zurückgezogen.
Und gerade dieses Verhalten der Behörden macht Luftfahrtexperten wie Aviatik-Experte Cord Schellenberg stutzig. «Es ist unüblich, dass eine Regierungsstelle eine Ursache vorgibt. Das ist Aufgabe der Unfalluntersuchung», sagt er zu «Focus Online».
Iran will Blackbox nicht rausrücken
Inzwischen haben iranische Ermittler der Luftfahrtsbehörde die Flugschreiber aus dem Wrack geborgen. Die Blackbox eines Flugzeugs besteht aus einem Flugdatenschreiber und einem Stimmaufzeichnungsgerät. Der erste Teil zeichnet Informationen wie Flugstrecke, Flughöhen, Geschwindigkeit und die Lage des Flugzeugs auf.
Anhand der Daten lässt sich auch nachvollziehen, wann die Piloten welche Steuerungsbefehle gegeben haben. Der zweite Teil nimmt die Gespräche im Cockpit auf. Die Blackboxen spielen also eine wichtige Rolle, um die Absturzursache zu ermitteln. Doch: Der Iran will diese nicht dem Hersteller oder den USA übergeben.
Fakt ist: Die Boeing hob vom Flughafen Teheran erst einmal ganz gewöhnlich ab, gewann schnell an Höhe. Zeigte keine Auffälligkeiten. Und plötzlich fiel die Maschine vom Himmel.
Ein Abschuss ist nicht auszuschliessen
Bilder von Wrackteilen zeigen merkwürdige kleine Löcher und Risse. Beweise für einen Abschuss?
Experten bleiben skeptisch und spekulieren, was passiert sein kann. Der Luftverkehrsexperte Stephen Wright von der Universität Tampere in Finnland hält einen Abschuss für unwahrscheinlich. Das Flugzeug sei nach oben und in die richtige Richtung geflogen. Dies bedeute, «dass etwas Katastrophales geschehen sein muss».
Wright zufolge könne eine «Bombe» an Bord oder «eine katastrophale Panne im Flugzeug» hinter dem Absturz stecken. Anders denkt dagegen Luftfahrtjournalist Jakob Wert. «Ob es sich um einen Abschuss gehandelt hat, ist noch unklar, auszuschliessen ist dies aber definitiv nicht», sagt der Aviatik-Experte zur «Bild». (jmh/SDA)