Heute Morgen, lange vor Sonnenaufgang, hat sich Norbert Q.* wieder auf den Weg gemacht. Mit seinem altersschwachen Renault ist der Gärtner von Mönchengladbach nach Schwäbisch Gmünd in Baden-Württemberg gefahren, fast 500 Kilometer weit. Zweimal im Monat legt er diese Strecke zurück. Er will zu Ellen. «Ich liebe diese Frau», sagt der Frührentner. «Ich werde für sie kämpfen!»
Ellen Waldvogel ist 39, schlank und mit ihren langen schwarzen Haaren und vollen Lippen eine durchaus attraktive Frau. Seit fast einem Jahr ist sie nun mit Norbert Q. verheiratet. Doch zum sogenannten «Vollzug der Ehe» ist es bislang nicht gekommen, weil Ellen Waldvogel seit dreieinhalb Jahren in der Justizvollzugsanstalt Schwäbisch Gmünd hinter Gittern sitzt.
Im April 2004 hat das Landgericht Konstanz die Mutter von zwei Kindern zu lebenslänglicher Haft verurteilt, weil sie gemeinsam mit dem damaligen italienischen Geliebten den Bauunternehmer und Millionär Melch Waldvogel aus Neerach ZH erschossen hatte, ihren Ehemann. Ellen Waldvogel hat die Tat immer geleugnet. Norbert Q. glaubt seiner Frau: «Sie hat zwar Fehler gemacht, aber tief im Herzen ist sie ein guter Mensch, das spüre ich!» Gefunden haben sie sich über eine Anzeige in einer Lokalzeitung: «Weibliche Inhaftierte sucht Briefkontakt.» Warum ausgerechnet Norbert Q. reagierte und einer ihm unbekannten Gefangenen schrieb, kann er selbst nicht recht erklären.
Ellen Waldvogel antwortete sofort. Bereits der zweite Brief begann mit den Worten: «Mein lieber Norbert». Bald telefonierten sie miteinander. Nach drei Monaten dann der erste Besuch im Frauengefängnis, zwei Stunden unter Aufsicht, in einer verglasten Zelle. «Wir beide waren aufgeregt!» Als die Zeit vorüber war, spürte Norbert Q., dass sein Herz für diese Frau schlägt. «Ich habe noch niemals einen so guten, warmherzigen Menschen wie dich kennen gelernt», offenbarte auch die Inhaftierte im nächsten Brief ihre Gefühle.
Die Trauung durch eine Standesbeamtin war schlicht, schmucklos und dauerte keine 15 Minuten. «Wir durften uns dann noch eine Zeit lang in einen Winkel der Besucherzelle zurückziehen, konnten uns wenigstens ein wenig in den Arm nehmen», sagt Norbert Q.
Bis heute durfte er keinen Sex mit ihr haben. «Die haben mir gesagt, meine Frau könnte ja schwanger werden. Ausserdem sei die Ehe noch zu kurz für eine Liebesstunde ohne Aufsicht.» Ziemlich widrige Umstände für ein harmonisches Eheleben. Q. ist das egal. «Für mich zählt nur meine Frau. Und wenn ich ihre Unschuld nicht beweisen kann, werde ich eben noch jahrelang auf sie warten. Und ihr treu sein!»
* Name der Redaktion bekannt
29. 11. 2002: Ein Spaziergänger entdeckt im Schwarzwald die Leiche des Schweizers.
30. 11. 2002: Ellen Waldvogel wird verhaftet.
15. 4. 2004: Das Landgericht Konstanz (D) verurteilt Ellen Waldvogel des Mordes aus Heimtücke und Habgier zu einer lebenslänglichen Gefängnisstrafe.
13. 5. 2004: Das Geschworenengericht in Catanzaro (I) spricht Waldvogels Geliebten von jeglicher Schuld frei.
29. 11. 2002: Ein Spaziergänger entdeckt im Schwarzwald die Leiche des Schweizers.
30. 11. 2002: Ellen Waldvogel wird verhaftet.
15. 4. 2004: Das Landgericht Konstanz (D) verurteilt Ellen Waldvogel des Mordes aus Heimtücke und Habgier zu einer lebenslänglichen Gefängnisstrafe.
13. 5. 2004: Das Geschworenengericht in Catanzaro (I) spricht Waldvogels Geliebten von jeglicher Schuld frei.