Mailänder Tumor-Studie enthüllt frühe Covid-19-Fälle
Corona ist bereits seit Herbst 2019 in Italien

Das Forschungsprojekt «SMILE» startete im Oktober 2018 und galt der Prävention von Lungentumoren. Dann kam die Pandemie. Das Blut der Probanden wurde auch auf Corona getestet. 23 von ihnen hatten bereits im September 2019 Antikörper.
Publiziert: 16.11.2020 um 15:52 Uhr
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Aktualisiert: 04.02.2021 um 23:34 Uhr
Ende Februar brach die Pandemie in Italien aus. Wie hier in Padua kamen die Spitäler an ihre Grenzen. Das Virus allerdings war bereits schon viele Monate im Land.
Foto: keystone-sda.ch
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Myrte Müller

Das Virus kommt nicht plötzlich. Es «bricht» nicht aus, wenn sich die Notaufnahmen füllen. Es ist schon da. Lange Zeit. Über Monate. Unbemerkt. Das zeigt sich in Italien. Eine Mailänder Studie, die im Tumori Journal veröffentlicht wurde, entdeckt Probanden, die bereits im September 2019 Antikörper hatten. Sie hatten das Virus bereits überstanden, mussten also schon im Sommer zuvor infiziert worden sein.

Kommissar Zufall spürt den leisen, tückischen Eindringling auf. Seit Oktober 2018 sammelt das Forschungsprojekt «SMILE» für die Prävention gegen Lungentumore Daten von Probanden. Dazu gehören auch Blutproben. Als die Pandemie im Frühjahr dieses Jahres die Wissenschaftler zum Lockdown zwang, nahmen diese nochmals die Blutproben unter die Lupe.

Jeder zehnte der Probanden hatte schon den Virus

«Während unsere Forschung pausierte, haben wir uns nochmals die Röntgenaufnahmen der Lungen angesehen», sagt Studienleiter Umberto Pastorino zu Il Fatto Quotidiano «auf einigen Aufnahmen waren leichte Verletzungen zu sehen, wie man sie bei Covid-Patienten hat.» Das habe den Wissenschaftler veranlasst, dem auf den Grund zu gehen und nochmals die Blutproben serologisch zu testen.

Das Ergebnis: Von den 959 freiwilligen Studienteilnehmern, Personen im Alter zwischen 55 und 75, allesamt starke Raucher, hatten 23 bereits im September 2019 Antikörper, 27 im Oktober, 26 im November, elf im Dezember und 21 im Februar. Insgesamt wurden 111 positiv getestet. Über zehn Prozent also hatte zum Zeitpunkt des Ausbruchs Ende Februar das Virus bereits gehabt. Sechs der Probanden hatten sogar an stärkeren Symptomen gelitten, sie aber für eine Grippe gehalten; vier von ihnen schon Anfang Oktober 2019.

Das Virus war schon in ganz Italien verbreitet

Die Infizierten stammen aus verschiedenen Regionen, also nicht nur aus den ehemaligen Hotspots Lombardei, Venetien, Piemont und Emilien, sondern auch aus Lazio, der Toskana, dem Aostatal, aus Sizilien und Apulien. Covid-19 war also Ende Februar bereits im gesamten italienischen Gebiet verbreitet.

Schon früh keimte im Land die Vermutung auf, dass sich das Virus schon sehr früh eingenistet hatte. So berichteten Ärzte aus dem Lodigiano, von wo aus die Pandemie europaweit losbrach, von schrecklichen Lungenentzündungen und dies bereits Anfang Jahr.

Als das Superspreader-Event, von wo aus das Virus möglicherweise in die gesamte Welt getragen wurde, werden die militärischen Weltmeisterschaften angesehen. 10'000 Athleten traten im Oktober 2019 in Wuhan an. Auch der Italiener Matteo Tagliariol (37). Bei der Heimkehr in Italien erkrankt der Fechter, hat eine schwere Grippe, wie er meinte. Auch Frau und Sohn werden angesteckt. Der Ex-Olympiasieger ist sich sicher, Corona gehabt zu haben (BLICK berichtete). Der SMILE-Studie zufolge jedoch, gab es schon Infizierte in Italien vor dem grossen Sportanlass in China. Wo also kam das Virus wirklich her?

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