Der Brexit trifft Grossbritannien mit voller Wucht. Benzinkrise, Lieferengpässe und kaum Camionfahrer.
Viele Zapfsäulen sind nicht in Betrieb, und dort, wo es noch Sprit gibt, müssen sich die Menschen oft in kilometerlange Staus einreihen. Grund ist ein massiver Mangel an Lastwagenfahrern – und wie.
Mehr als 100'000 Lenker fehlen. Der Mangel sorgte auch bereits in Supermärkten für teilweise leere Regale und könnte die Preise für viele Produkte nach oben treiben.
Mit der Arbeit sinkt die Wahrscheinlichkeit rückfällig zu werden
Klar ist: Es muss was passieren. Aber nur was? Um der Misere ein Ende zu bereiten, hat Vize-Premierminister Dominic Raab (47) eine kuriose Lösung vorgeschlagen. «Wir haben Gefangene und Straftäter bislang ehrenamtlich und unbezahlt arbeiten lassen. Warum sollte man sie nicht, wenn es Engpässe gibt, bezahlte Arbeit machen lassen, wenn es einen Nutzen für Wirtschaft und Gesellschaft hat?», sagte Raab zum britischen Magazin «Spectator».
Ausserdem würde man diesen Menschen eine Chance geben, die sie nutzen könnten. Mit der Hoffnung auf einen Job, ein geregeltes Einkommen, wäre die Wahrscheinlichkeit geringer, dass sie wieder straffällig werden.
Der Vorschlag ist ungewöhnlich. Aber eine Möglichkeit, die Lage zu entschärfen. Denn: Die Nerven liegen blank. Lenker prügeln sich an der Zapfsäule um einen Tropfen Sprit.
Lange Warteschlangen bilden sich vor den Tankstellen – mit extremen Wartezeiten. Das musste auch der Fahrer von Cristiano Ronaldo erleben. Fast sieben Stunden harrte der Chauffeur vor einer Tankstelle aus und wartete darauf den 275'000 Franken teuren Bentley des Fussball-Stars zu betanken. Ohne Erfolg. Er bekam keinen Tropfen.
Energie-Krise trifft das Land
Währenddessen war Premierminister Boris Johnson (57) tagelang abgetaucht und schwieg, dann spielte er die Krise herunter. «Wir fangen an, erste Anzeichen einer Verbesserung zu sehen», sagte er in einem kurzen Clip und versprach, für Weihnachten werde man die Versorgungslage in den Griff bekommen.
Doch als wären die Knappheiten noch nicht genug, müssen die Verbraucher in Grossbritannien einen heftigen Anstieg der Energiekosten verkraften, der das Land besonders hart trifft, weil es kaum über Gasvorräte verfügt. Und steigt die Inflationsrate, könnten auch bald die Zinsen steigen, was viele Hausbesitzer in Schwierigkeiten bringen könnte.
Johnson hat sein Wahlversprechen gebrochen
Zudem ist das «Furlough Scheme», die britische Variante des Kurzarbeitergelds, Ende September ausgelaufen. Das Programm hatte Tausende Menschen in Jobs gehalten, die es womöglich gar nicht mehr gibt.
Das alles kommt nach der unpopulären Entscheidung Johnsons, trotz anderslautender Wahlversprechen die Sozialabgaben zu erhöhen, um eine dringend notwendige Pflegereform zu finanzieren. Die Rede ist bereits von einer heraufziehenden «Cost of Living Crisis» (Krise der Lebenshaltungskosten) und einem «Winter of Discontent» (Winter der Unzufriedenheit). Befürchtet wird, dass zahlreiche Menschen in die Armut rutschen könnten. (jmh/SDA)