Darum gehts
Und dann tätschelt der US-Präsident dem «kommunistischen Wahnsinnigen» tatsächlich den Arm. Da, vor laufenden Kameras, mit einem Lächeln im Gesicht. «Ihr wärt schockiert, wenn ihr wüsstet, wie gut wir uns verstehen», sagte Donald Trump (79) über sein Treffen mit New Yorks frischgewähltem Bürgermeister Zohran Mamdani (34). Der demokratische Sozialist habe das Zeug, New York «grossartiger als je zuvor» zu machen. «Ich werde ihm dabei helfen.»
Augenreiben, in den Arm kneifen: Aber nein, das hier ist kein Traum. Der muslimische Linksradikale und der populistische Grosskapitalist, die sich monatelang aufs Übelste beschimpft und beleidigt haben, mögen sich offenkundig. So entspannt wie am Freitagabend sieht man Trump selten hinter seinem «Resolute Desk» sitzen (Mamdani musste stehen). Doch Trump geht mit seinem Kuschelkurs gegenüber dem demokratischen Jungspund eine gefährliche Wette ein.
Lange machte es den Anschein, als nutze der US-Präsident den kometenhaft aufgestiegenen Sozialisten (er will die Mieten deckeln, Gratis-Busse durch New York kurven lassen und staatliche Lebensmittelläden mit kontrollierten Preisen eröffnen) als Projektionsfläche für alle möglichen Horrorszenarien.
Amerikas grösste Stadt (8,5 Millionen Einwohner) in den Händen eines unerfahrenen Ex-Rappers? Die Heimat der Wall Street unter der Ägide eines linken Idealisten? Das könnte schiefgehen – und Trumps Republikanern eine perfekte Rampe für den Wahlkampf bei den «Midterms»-Zwischenwahlen 2026 liefern. Seht her, wenn man die Demokraten ans Ruder lässt, geht alles den Bach runter.
Beleidigungen steckt Trump locker weg
Doch statt weiter wie eine Dampflok über Mamdanis Vision einer «bezahlbaren Metropole» hinwegzubrettern, stellt Trump die Weichen jetzt auf Freundschaftskurs.
«Manche seiner Ideen teile ich wirklich.»
«Viele Konservative werden erstaunt sein, wie er liefern kann.»
«Ich würde mich als Milliardär wohlfühlen in der Stadt, die er regiert.»
«Er will viele Häuser bauen. Das will ich auch.»
«Dass er mich einen Despoten und Faschisten geschimpft hat? Ach, was soll's. Man hat mir schon Schlimmeres an den Kopf geworfen.»
So also spricht der US-Präsident jetzt über den noch vor kurzem als Feind deklarierten Einwanderer Mamdani. Und der nimmt die guten Vibes dankbar auf, um Trumps früheren Drohungen den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Kuscheln mit Kalkül?
Trump hatte unter anderem angekündigt, New York die staatlichen Gelder zu streichen (im schlimmsten Fall wären der Stadt damit mehr als sieben Milliarden Dollar durch die Lappen gegangen) und die Nationalgarde in den Big Apple auszusenden, um für Recht und Ordnung zu sorgen.
Stattdessen betonte Mamdani fast mantraartig, wie sehr er und der US-Präsident sich darin einig seien, dass man die Stadt wieder «bezahlbar machen» müsste. Über zwanzig Mal verwendete Mamdani das Wort «Lebenshaltungskosten». Selbst Fragen nach seinen Genozid-Vorwürfen an die israelische Regierung beantwortete Mamdani – etwas gar platt – mit einem Verweis auf seinen Kampf für tiefere Preise.
Auf den ersten Blick sieht es so aus, als habe sich auch Trump (wie eine Mehrheit der New Yorker) von Mamdanis Charme und seiner Vision bezirzen lassen. Vielleicht aber steckt hinter den netten Worten des gebürtigen New Yorkers Trump an den Wahl-New-Yorker Mamdani aber auch knallhartes Kalkül.
Trump hat die jüngsten Umfragen seines einstigen Lieblingssenders «Fox News» gesehen, die zeigen, dass 85 Prozent der Amerikaner seit seinem Amtsantritt keine wirtschaftliche Verbesserung (39 Prozent) oder sogar eine Verschlechterung (46 Prozent) spüren.
Mit solchen Werten lassen sich keine Wahlen gewinnen. Da mag es für Trump sinnvoll sein, sich vom «Lebenskosten»-Mantra-runterbetenden neuen Superstar der Linken eine Scheibe abzuschneiden und darauf zu hoffen, dass ein Teil des hoffnungsvollen Glimmers des linken Neulings auf ihn selbst abfärbt.