In der US-Kleinstadt Ferguson im Bundesstaat Missouri ist es in der Nacht auf heute wieder vereinzelt zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei gekommen. Nachdem Protestierende Glas- und Plastikflaschen geworfen hatten, sprühte die Polizei Tränengas.
Einige Protestierende versuchten auch, eine Strasse zu blockieren, wie der US-Sender CNN meldet. Angeblich sollen Demonstranten wieder Molotowcocktails eingesetzt haben. Augenzeugen berichten von Schüssen. Zwei Menschen wurden angeblich durch Schüsse von Demonstranten verletzt. Wie die Polizei heute mitteilt, setzten die Beamten selbst Tränengas, aber keine Schusswaffen ein.
Vier Polizisten seien durch Wurfgeschosse verletzt worden. Der Zustand der beiden durch Schüsse Verletzten ist unklar.
«Eklatante Verletzung der Pressefreiheit»
Die Polizei nahm gestern mehrere Journalisten vorübergehend fest, unter ihnen zwei deutsche Reporter. Einer der Festgenommenen schreibt für die deutsche «Welt»-Gruppe, wie diese mitteilte. Ein weiterer Journalist arbeitet für deutsche Regionalzeitungen. Die beiden seien in Handschellen abgeführt und ins Gefängnis gebracht worden, heisst es auf der Website der Zeitung. Drei Stunden später wurden sie freigelassen.
Nach Darstellung der Reporter nahm die Polizei sie fest, weil sie auf der Strasse stehengeblieben sein sollen, obwohl sie von Polizisten zum Weitergehen aufgefordert worden waren. Die beiden bestreiten, der Anweisung nicht Folge geleistet zu haben und werfen der Polizei ihrerseits vor, sie eingeschüchtert und bei ihren Recherchen behindert zu haben.
Sie sprachen von einer «eklatanten Verletzung der Pressefreiheit». «Polizei in Ferguson unterbindet Berichterstattung», titelt welt.de. Die Polizei in Ferguson war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Auch ein Fotograf der Bildagentur Getty Images wurde abgeführt. Die Umstände dieser Festnahme sind noch unklar. Das Vorgehen der Polizei gegen Journalisten war in den vergangenen Tagen kritisiert worden. Zwei Reporter waren etwa in einem Fast-Food-Restaurant festgenommen worden, darunter ein Journalist der «Washington Post». Ein Kamera-Team wurde mit Tränengas von der Arbeit abgehalten.
Kritik von Uno-Generalsekretär
Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon fordert die US-Behörden zur Achtung des Demonstrationsrechts auf. Die Versammlungs- und die Redefreiheit müssten gewahrt werden, sagt ein Sprecher Bans in New York.
In einer Rede vor Journalisten sagte US-Präsident Barack Obama gestern unter anderem, dass friedliche Proteste zulässig seien und dass Journalisten das verfassungsmässig verbriefte Recht hätten, über Unruhen zu berichten.
Er verstehe die Wut der Menschen, sagte Obama weiter. Ihr jedoch «durch Plünderungen, dem Tragen von Schusswaffen oder gar Angriffe auf die Polizei» nachzugeben erhöhe nur die Spannungen und führe zu Chaos. Umgekehrt gebe es keine Entschuldigung für ein unnötig hartes Vorgehen der Sicherheitskräfte.
Obama entsandte Justizminister Eric Holder, um sich vor Ort ein Bild von der Lage zu machen. Obamas direkter Einfluss auf den Fall ist begrenzt. Die amerikanische Polizei ist kommunal organisiert, die Landespolizei von Missouri - die den Namen «Highway Patrol» trägt - untersteht dem Gouverneur Jay Nixon.
Gouverneur bringt Soldaten in Stellung
Dieser hat wegen der anhaltenden Unruhen inzwischen auch die Nationalgarde des Bundesstaates in Stellung gebracht. Diese Soldaten werden im Kriegsfall zwar vom Präsidenten befehligt, im Inland befolgen sie jedoch laut Verfassung den Anweisungen ihres jeweiligen Gouverneurs. Die Ausgangssperre, die in den vergangenen zwei Nächten gegolten hatte, hob Nixon indes auf.
Landesweit haben die Krawalle zudem eine Debatte angestossen, ob die amerikanische Polizei inzwischen zu sehr paramilitärische Züge angenommen hat. Im Kongress wird ein Gesetz diskutiert, das die kostenlose Weitergabe von Kriegsgerät wie gepanzerte Fahrzeuge aus dem Irak oder aus Afghanistan an die Polizei stoppen würde.
Eine Gruppe von Demokraten im Repräsentantenhaus erklärte angesichts der Vorgänge in Ferguson vor einigen Tagen, dass die «örtlichen Strafverfolgungsbehörden ausser Kontrolle» seien.
Der Vorsitzende des Justizausschusses im Senat, der Demokrat Patrick Leahy, warnt, man könne «die Risse in einer Gemeinde nicht mit den Werkzeugen des Krieges kitten». Der Kongress nimmt nach seiner Sommerpause die Arbeit wieder im September auf.
Die Proteste in Ferguson brachen aus, nachdem vor gut einer Woche in dem Vorort von St. Louis ein weisser Polizist einen unbewaffneten Schwarzen (18) erschossen hatte. Die Umstände der Tat sind noch unklar. (SDA/noo)