Korruptionsvorwürfe nach Spionageangriff auf den Ministerpräsidenten
Spanische First Lady bringt Sánchez ins Taumeln

Eine angebliche Korruptionsaffäre erschüttert Spanien. Mittendrin: First Lady Begoña Gómez, die Ehefrau des Ministerpräsidenten Pedro Sánchez. Wir erklären, was hinter den Vorwürfen steckt.
Publiziert: 25.04.2024 um 20:38 Uhr
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Aktualisiert: 25.04.2024 um 21:52 Uhr
Pedro Sánchez und Begoña Gómez sind seit 2006 verheiratet.
Foto: keystone-sda.ch
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Guido FelderAusland-Redaktor

Der sozialistische spanische Regierungschef Pedro Sánchez (52) gilt als Stehaufmännchen. Seit seinem Amtsantritt 2018 hat er heftige Angriffe von ausserhalb, aber auch aus der eigenen Partei PSOE überlebt. Jetzt aber droht er ausgerechnet über seine Frau Begoña Gómez (49) zu stolpern. 

Denn gegen die Marketingspezialistin, mit der Sánchez seit 2006 verheiratet ist und mit der er zwei Töchter hat, läuft ein Korruptionsverfahren. Sie soll ihre Position als First Lady geschäftlich ausgenutzt haben. Ihr wird vorgeworfen, Unternehmen für öffentliche Aufträge empfohlen und enge Kontakte zur Fluggesellschaft Air Europa unterhalten zu haben, die in der Corona-Pandemie mit Steuergeldern vor der Pleite gerettet wurde. 

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2018 ist Pedro Sánchez Regierungschef von Spanien geworden. Seit seinem Amtsantritt hat er heftige Angriffe von ausserhalb, aber auch aus der eigenen Partei PSOE überlebt.
Foto: keystone-sda.ch

Vorwürfe von Rechtsextremen

Interessant ist, von wem die Vorwürfe kommen. Sie stammen von der Pseudo-Gewerkschaft «Manos Limpias», auf Deutsch «Saubere Hände». Die Gruppierung gilt als rechtsextrem. Gegen sie sind schon verschiedene Verfahren eingeleitet worden. Seit 2014 ermittelt die spanische Nationalpolizei, weil Manos Limpias vorgeworfen wird, gegen Unternehmen und Institutionen Strafanzeigen einzureichen und diese dann gegen hohe Geldbeträge zurückzuziehen. 

«Die Anklage ist bestimmt Teil einer politischen Kampagne von Manos Limpias, die immer wieder linke Politiker und Politikerinnen angeklagt hat», sagt Spanien-Experte Oliver Strijbis (44), Professor für Politikwissenschaft an der Franklin University Switzerland und zuvor an der Universität Carlos III in Madrid. 

Die Gruppierung sei bereits zurückgerudert und habe zugegeben, dass sie nicht wisse, ob das ihr vorliegende Material echt oder gefälscht sei. Gleichzeitig gebe es aber Meldungen darüber, dass das kompromittierende Material aus der Telefonspionage stamme, der Sánchez vor zwei Jahren zum Opfer gefallen war. Die Spionage war mit der israelischen Software Pegasus durchgeführt worden. Strijbis: «Es gibt also viel Spekulation. Bei der jetzigen Faktenlage scheint alles möglich.»

Sánchez droht mit Rücktritt

Wegen der Vorwürfe und der Anzeige hat Sánchez am Mittwochabend den schockierten Spaniern verkündet, dass er möglicherweise zurücktreten werde. Er hat vorderhand alle Termine abgesagt und wird am Montag mitteilen, ob er sein Amt zur Verfügung stellen oder weitermachen will. 

«Ich muss innehalten und nachdenken», schrieb Sánchez auf X. «Ich muss die Frage beantworten, ob es sich lohnt weiterzumachen, angesichts der Schlammschlacht, die die Rechte und die extreme Rechte aus unserer Politik gemacht haben. Ob ich an der Spitze der Regierung weitermachen oder auf diese höchste aller Ehren verzichten soll.»

Ob Sánchez mit einem Rücktritt Ernst macht? «Sánchez ist bekannt dafür, ein sehr geschickter Taktierer zu sein. Und er hat in der Vergangenheit immer wieder viel Risiko auf sich genommen», sagt Oliver Strijbis. Auch diese Inszenierung, wenn sie denn eine sei, bezeichnet Strijbis als riskant. «Doch wenn es sich zeigt, dass er tatsächlich Opfer und nicht Täter ist, wird sie das Stehaufmännchen nur noch mehr stärken.»

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