Konservative Mehrheit hat keinen Einfluss
Supreme Court widersetzt sich erneut Trump

Obwohl eine konservative Mehrheit die Sitze im Obersten Gericht der USA innehat, entscheidet sich der Supreme Court gegen die Bestrebungen der Regierung von Donald Trump. Somit bleibt die höchste juristische Instanz unabhängig.
Publiziert: 19.06.2020 um 14:06 Uhr
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Aktualisiert: 19.06.2020 um 18:41 Uhr
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Das ist der Oberste Gerichtshof der USA – bestehend aus fünf konservativen und vier liberalen Richtern.
Foto: keystone-sda.ch

Es ist nicht lange her, als es den grossen Aufschrei um die Ernennung des Konservativen Brett Kavanaugh (55) zum Richter in den Supreme Court gab. Gegen Donald Trumps (74) Spitzenkandidaten wurden schwere Missbrauchsvorwürfe erhoben. Auch an der künftigen Unabhängigkeit des Gerichts wurde gezweifelt. Doch er war Trumps Mann – und wurde gewählt. Die Republikaner hatten fortan eine Mehrheit im Gremium.

Hat es Trump genützt? Bislang noch nicht. Im Gegenteil. Fünf der neun Richter am Obersten Gerichtshof der USA haben am Donnerstag die Bemühungen der Regierung von Präsident Trump vorerst gestoppt, ein Programm zum Schutz von rund 700'000 jungen Migranten (Daca) zu beenden. Am Montag wurde zudem ein Gesetz zum Schutz von homosexuellen und Transgender-Arbeitskräften deutlich angenommen – mit sechs zu drei Stimmen.

Migrationspolitik und LGBT-Rechte sind eigentlich Themen, bei denen sich Republikaner querstellen. Nun schlägt der Supreme Court jedoch einen liberalen Weg ein – trotz konservativer Mehrheit. Diese Gerichtsurteile zeigen, dass die US-Justiz weiterhin von der Regierung unabhängig bleibt.

Trump ärgert sich über Supreme Court auf Twitter

Die Entscheidung des Heimatministeriums bezüglich Daca sei «willkürlich und launenhaft» gewesen, erklärte eine Mehrheit der neun Richter am Supreme Court. Zuvor hatten bereits Bundesgerichte die Aufkündigung des Programms durch Trumps Regierung blockiert.

Präsident Trump reagierte verärgert auf das Urteil: Dieses sei ein weiterer Fall in einer Reihe «schrecklicher und politisch aufgeladener Entscheidungen» des Gerichts, schreibt er auf Twitter. «Haben Sie den Eindruck, dass der Supreme Court mich nicht mag?», fragt sich Trump weiter.

Konservativer Richter stärkt dem US-Präsidenten den Rücken

Auch einer der konservativen Richter, Clarence Thomas (71), stärkte Trump den Rücken und kritisierte das Urteil der Mehrheit seiner Kollegen. Diese hätten eine «politisch kontroverse, aber juristisch korrekte Entscheidung» vermieden, schrieb er. Das Problem müsse politisch gelöst werden.

Das vom damaligen Präsidenten Barack Obama (58) begonnene Daca-Programm schützt junge Migranten, die als Kinder illegal mit ihren Eltern in die USA eingereist waren, vor einer Abschiebung. Die Migranten, die seither legal in den USA bleiben dürfen, aber keine US-Bürger werden können, werden häufig als Dreamer («Träumer») bezeichnet.

Die Richter urteilten am Donnerstag aber nicht über die Zulässigkeit des Programms an sich, sondern über die ihrer Ansicht nach in der Form mangelhafte Aufkündigung des Programms durch Trumps Regierung. Um für die Betroffenen Rechtssicherheit zu schaffen, müssten sich Republikaner und Demokraten im Kongress auf eine Lösung verständigen – was knapp fünf Monate vor der Wahl wenig wahrscheinlich erscheint.

Werden Trumps Steuererklärungen freigegeben?

Das Zünglein an der Waage spielte der von Trump berufene Richter Neil M. Gorsuch (52). Er schloss sich mit den Liberalen zusammen, berichtet die «Washington Post». Auch der Leiter des Obersten Gerichtshofs, John Roberts (65), war mit von der Partie.

Ob der Supreme Court nun hinter Trump steht, wird sich wohl nächste Woche zeigen: Dann entscheidet das Gericht, ob Trumps Steuererklärungen freigegeben werden oder nicht. Demokratische und konservative Gerichtsbeobachter sagen jedoch, dass sich keine Vorhersehbarkeit der Urteile feststellen lasse.

Die Obersten Richter der USA werden durch die Präsidenten nominiert und nach der Zustimmung des Senats in ihr Amt berufen. Dort bleiben sie effektiv auf Lebenszeit und treten meist erst im hohen Alter ab. Als nächstes wird wohl Ruth Bader Ginsburg (87) in Rente gehen, die zunehmend gesundheitliche Probleme hat. Ginsburg gilt als Justiz-Ikone. (szm/SDA)


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