Für Hindus ist es der Geburtsort des wichtigen Hindu-Gottes Ram. Für Muslime ist es ein Ort, wo einst eine jahrhundertealte Moschee stand, die Hindu-Fanatiker vor knapp 30 Jahren zerstört hatten, was zu Unruhen mit Hunderten Toten geführt hatte. Doch das höchste Gericht der grössten Demokratie der Welt hat den Tempelbau in der nordindischen Stadt Ayodhya schliesslich Ende des vergangenen Jahres erlaubt.
Tempelbau seit 1980 versprochen
In Indien leben rund 80 Prozent Hindus. Muslime sind die grösste religiöse Minderheit des 1,3-Milliarden-Einwohner-Landes, sie machen rund 14 Prozent der Bevölkerung aus. Doch unter der hindu-nationalistischen Führung fühlen sich viele von ihnen zunehmend unwohl. Und für die hindu-nationalistische Partei ist Ayodhya wichtig. Seit den 1980ern hat sie den Tempelbau versprochen. Nun erfüllt sie das Wahlversprechen und appelliert damit an ihre Basis.
Tag gezielt ausgewählt
Der Tag der Grundsteinlegung liegt genau am ersten Jahrestag der Erfüllung eines anderen Wahlversprechens. Damals hatte die Regierung der mehrheitlich muslimischen Kaschmir-Region im Himalaya einen Teilautonomiestatus entzogen, um das Gebiet stärker ins mehrheitlich hinduistische Indien zu integrieren. Viele Kaschmirer waren gegen die Neuregelung. Doch die Regierung schickte mehr Truppen in die Unruheregion, blockierte zeitweise Telefon- und Internetverbindungen und liess Hunderte Regionalpolitiker und Aktivisten festnehmen - das alles sollte den Widerstand ersticken. (SDA)