Sie waren ein Herz und eine Seele, wollten sogar heiraten. Doch dann zerbrach das Glück – und Andreas E.* (26) wurde zum fünffachen Kitzbühel-Killer. Am 6. Oktober 2019 sieht er rot.
Der Maurer fährt in der Nacht zum Haus seiner Ex-Verlobten Nadine H.* (†19), erschiesst zuerst ihre Eltern, danach sind die 19-Jährige und ihr neuer Freund, das Eishockey-Talent Florian J.* (†24) an der Reihe. Sie haben keine Chance. Auch der Bruder von Nadine H. verliert in dieser Nacht sein Leben. Nach der Wahnsinnstat fährt Andreas E. zur Polizei und stellt sich.
Seit dem sitzt der Kitzbühel-Killer in Untersuchungshaft. Und Experten und Ermittler versuchen zu verstehen, wieso der junge Mann derart durchdrehte und das Leben von fünf Menschen sinnlos beendete.
Voll zurechnungsfähig
Gutachterin Adelheid Kastner, Expertin der Forensischen Psychiatrie und Chefärztin am Universitätsklinikum Linz, führte zahlreiche Tests mit Andreas E. durch. Mit dem Ergebnis: Er ist durchschnittlich intelligent und voll zurechnungsfähig. Zu dem Schluss kommt sie in ihrem 60 Seiten dicken Gutachten, wie der «Spiegel» berichtet.
Der letzte Satz im Gutachten lautet: «Weder leidet Herr E. an einer höhergradigen seelisch-geistigen Abnormität, noch ist eine hohe Wahrscheinlichkeit weiterer Handlungen mit schweren Folgen zuzuschreiben.»
Er wuchs behütet auf
Nichts in seinem Leben deutete auf die Wahnsinnstat hin. Der Kitzbühel-Killer hatte keine auffällige Vergangenheit. Er wuchs ganz normal in dem österreichischen Ort auf. Behütet. Er hatte eine schöne Kindheit. Die Eltern sind seit mehr als 35 Jahren ein Paar.
Er hatte einen Job, den er mochte. Eine Freundin, die ihn über alles liebte. Ein geregeltes Leben. Und: Er hatte Pläne. Andreas E. wollte mit seiner Nadine alt werden. Sie heiraten.
Heiraten, Haus kaufen, Kinder kriegen
Als die beiden sich kennenlernten, war sie 15, er 19 Jahre alt. Sie verbrachten jede freie Minute miteinander. Und schon bald hatten sie Kosenamen füreinander. Er war ihr Bibi, sie wurde von ihm Mausi genannt, wie der «Spiegel» berichtet.
Andreas E. freundete sich mit dem älteren Bruder von Nadine H. an. Irgendwann gehörte er so gut wie zur Familie. «Ich weiss, es klingt naiv, weil ich noch jung bin, aber ich kann mir ein Leben ohne dich gar nicht mehr vorstellen», gestand Nadine H. ihrem Andi am vierten Jahrestag.
Das Glück schien perfekt. Die Zukunft glasklar: Heiraten, Haus kaufen, Kinder kriegen. Doch dann lebte sich das Paar nach und nach auseinander. Sie verbrachten kaum noch Zeit miteinander. Er stand unter der Woche früh auf, wollte die Abende entspannt ausklingen lassen. Nadine H. aber nicht – sie wollte ausgehen. Sie schlug ihm auch eine offene Beziehung vor – was er aber nicht wollte.
Er weinte nächtelang
Die Beziehung bröckelte – und dann zog Nadine H. den Schlussstrich und trennte sich. Plötzlich brach alles in sich zusammen. Andreas E. wollte es nicht wahrhaben. «Gib mir eine Chance, treffen wir uns zum Reden, probieren wirs noch einmal», schrieb er laut dem «Spiegel» Nadine H. auf Whatsapp. Doch die junge Frau wollte es nicht mehr probieren.
Viele Nächte voller Tränen folgten. Andreas E. zog sich zurück. Trauerte. Und doch kam er wohl nie über die Trennung hinweg. Als er dann erfuhr, dass sie einen neuen Freund habe, hätte sich das «wie Sand im Mund» angefühlt, beschreibt er das Gefühl gegenüber der Gutachterin.
Ging alles so schnell
Dann kommt die Nacht vom 6. Oktober. Er sieht das fremde Auto vor ihrem Haus, er will zu ihr – doch ihr Vater und sie geben ihm zu verstehen, dass er nicht mehr erwünscht ist, dass er «sich schleichen» soll. Nadine soll ihm da ausserdem wutentbrannt gesagt haben, dass sie ihn zweimal betrogen habe.
All das ist zu viel für das Gemüt von Andreas E. Er fährt nach Hause, holt Waffen und wird zum Fünffach-Killer. Er habe, gibt er in den Befragungen an, während der ganzen Bluttat geweint, sagt er. Er sagt, dass alles so schnell gegangen sei. Jetzt würde es ihm «scheisse» gehen.
Welche Strafe Andreas E. erwartet, ist noch unklar. Diesen Mittwoch beginnt der Prozess vor dem Landesgericht Innsbruck. Der Maurer muss sich wegen fünffachen Mordes verantworten. (jmh)
*Namen bekannt