Kampf gegen Missbrauch
Papst stellt Regeln für Vatikan auf

Erstmals hat ein Papst umfassende Regeln für den Schutz von Kindern vor sexuellem Missbrauch für den Vatikanstaat aufgestellt.
Publiziert: 29.03.2019 um 14:48 Uhr
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Aktualisiert: 02.04.2019 um 14:32 Uhr
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Der Vatikan veröffentlichte dazu am Freitag insgesamt drei von Papst Franziskus unterzeichnete Dokumente - einen Erlass, ein Gesetz und einen Richtlinienkatalog.

Papst Franziskus sendet nach Missbrauchskonferenz Signal

Unter anderem legt Franziskus fest, dass im Vatikan von Sommer an bereits der Verdacht auf Missbrauchsfälle unverzüglich angezeigt werden muss. Zudem sollten verurteilte Täter von ihren Posten entfernt werden, hiess es.

Die Massnahmen waren nach der historischen Anti-Missbrauchskonferenz im Vatikan Ende Februar in Aussicht gestellt worden und sollen am 1. Juni in Kraft treten.

Auch wenn die Regelungen nur den Kirchenstaat betreffen, sendet Franziskus damit ein Signal - schliesslich ist der Vatikan das Machtzentrum der Kirche. Wegen schwerwiegender Missbrauchsskandale in mehreren Ländern steht Papst Franziskus unter Druck, seinen klaren Worten auch Taten folgen zu lassen.

Was beinhalten die Regeln?

Sexueller Missbrauch durch Geistliche wurde in der Vergangenheit in vielerlei Hinsicht und in vielen Ländern kleingeredet oder vertuscht. Im Vatikan wird es künftig zur Pflicht, schon den Verdacht auf Missbrauchsfälle unverzüglich anzuzeigen - mit der Einschränkung, dass dabei das Beichtgeheimnis nicht verletzt werden dürfe.

Wird ein Verdachtsfall nicht sofort angezeigt, drohen Sanktionen. Zudem sollen Personen, gegen die wegen Missbrauchsverdachts ermittelt wird, von Kindern und Jugendlichen ferngehalten werden. Obendrein soll bei einem Verdacht auf sexuellen Missbrauch oder auf die Misshandlung von Kindern auch ohne Anzeige strafrechtlich ermittelt werden können.

Der Pontifex will mit den neuen Regeln nach eigenem Bekunden dafür sorgen, dass «bei allen» in der römischen Kurie und im Vatikan das Bewusstsein für die Pflicht wachse, Missbrauch zu melden und mit den zuständigen Behörden zu kooperieren. Der Papst machte deutlich, dass Missbrauchsopfer und deren Angehörige Anspruch auf spirituelle, medizinische, psychologische und juristische Hilfe hätten.

Keine speziell enge Bindungen zu einzelnen Kindern

Im Richtlinienkatalog wird Priestern und anderen kirchlichen Mitarbeitern im Vatikan, die mit Kindern zu tun haben, beispielsweise «strengstens untersagt», eine besondere Beziehung zu einem einzelnen Minderjährigen aufzubauen oder sich einem Kind in anstössiger Weise zu nähern. Auch darf ein Kind demnach nicht aufgefordert werden, ein Geheimnis für sich zu behalten; zugleich darf ein Geistlicher ein Kind nicht beschenken.

Vatikan-Mitarbeiter dürfen Kinder dem Regelwerk zufolge nur fotografieren und filmen und dieses Bildmaterial im Internet veröffentlichen, wenn sie dafür ausdrücklich das Einverständnis der Eltern haben. Es wird angemahnt, im Beisein von Minderjährigen stets sichtbar für andere zu sein und deren Privatsphäre zu respektieren.

Regeln gelten nur für Vatikanstaat

Ein Beauftragter für den Schutz von Minderjährigen soll Sorge dafür tragen, dass diese Richtlinien auch befolgt werden. Er soll darüber hinaus Ansprechpartner für die Opfer von Missbrauch sein.

Die nun veröffentlichten Regeln gelten für Personen, die die vatikanische Staatsbürgerschaft haben oder im Kirchenstaat ihren Wohnsitz haben. Der kleinste Staat der Welt hat um die 800 Einwohner - gut 300 davon sind Diplomaten, die für den Vatikan in aller Welt im Einsatz sind. Minderjährige hingegen sind kaum darunter.

Doch das Gesetz kann den Angaben zufolge auch auf Kinder angewendet werden, die sich regelmässig im Vatikan aufhalten, beispielsweise auf jene 35 Jungen zwischen 9 und 13 Jahren, die Teil des Chors der Sixtinischen Kapelle sind. (SDA)

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