Schon früh hatte sich Österreichs Kanzler Sebastian Kurz (33) für eine Maskenpflicht eingesetzt. Supermärkte, öffentliche Verkehrsmittel, Geschäfte und Restaurants. Masken sind in Österreich allgegenwärtig.
Und jetzt das! Bei einem Besuch in der Gemeinde Kleinwalsertal im Bundesland Vorarlberg genoss Kanzler Kurz ein Bad in der Menge – und zwar ohne Maske. Aufnahmen der «Vorarlberger Nachrichten» zeigen, wie der Kanzler mit seinem Team durch Reihen begeisterter Kleinwalsertaler geht. Kaum jemand schützt sich mit einer Maske vor Mund und Nase. Doch das schien niemanden zu stören. Als Kanzler Kurz darauf hinwies, wenigstens «a bisserl Abstand zu halten», gab es als einzige Reaktion ein paar Lacher.
Die Stimmung war ausgelassen. Verständlich: Die Gemeinde ist wegen der Grenzschliessung seit Wochen von der Aussenwelt abgeschnitten. Denn Kleinwalsertal ist nur über die deutsche Grenze zu erreichen. Und nun kommt auch noch der Bundeskanzler höchstpersönlich.
Dabei ist die Corona-Krise noch nicht ausgestanden. Man müsse weiter diszipliniert bleiben. «Wir dürfen nicht leichtfertig werden», mahnte der maskenlose Kurz während seines Besuches. Für seinen Auftritt hagelt es nun ordentlich Kritik. Zum Beispiel auf Twitter.
Neben der Kritik könnte der Besuch für Kurz auch juristische Folgen haben. Vertreter der Partei Neos kündigten auf Twitter an, den Kanzler anzuzeigen.
Das Kanzleramt antwortete auf die Kritik, obwohl man sich bemüht habe, sei von Bewohnern und Medienvertretern «teilweise der Mindestabstand leider nicht eingehalten» worden. Kurz habe auf der Strasse mehrmals darum gebeten, die Abstandsregeln zu beachten, sagte ein Sprecher nach einem Bericht der Nachrichtenagentur APA.
War als Arbeitstreffen gedacht
Auch der Kleinwalsertaler Bürgermeister Andi Haid hat am Tag nach dem Besuch von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in seiner Talschaft bedauert, dass die Abstandsregel vielfach nicht eingehalten wurde. Gleichzeitig bat er um Verständnis für die Emotion der Bevölkerung, die für mehrere Wochen unter «De facto-Quarantäne» gestanden sei. Auch habe die Gemeinde im Vorfeld sehr wohl Vorkehrungen getroffen.
Haid betonte, dass der Kurz-Besuch von allem Anfang an als Arbeitstreffen geplant worden sei, nicht als öffentliche Veranstaltung. «Deshalb hat auch keine Musik gespielt, das wäre das Normale», sagte Haid gegenüber der APA. Man habe auch extra das Veranstaltungszentrum Walserhaus in Hirschegg als Ort für das Arbeitstreffen gewählt, weil dort entsprechende Räumlichkeiten vorhanden seien, um die Abstandsregel einhalten zu können. Zudem habe man die Bevölkerung vor dem Eintreffen des Kanzlers über das Einhalten der Corona-Regeln gebten.
«Als dann aber der Bundeskanzler eintraf, sind sie zusammengelaufen», schilderte Haid die Ereignisse. Er wies auch darauf hin, dass sowohl Kurz als auch Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) die Leute mehrfach aufgefordert hätten, Abstände einzuhalten. «Das Zusammenrücken war der Emotion geschuldet», betonte Haid.