Irrer Nachbarschaftstreit in Deutschland
Paar darf nicht vor das eigene Haus – sonst droht Gefängnis

Ein Paar darf die Strasse vor seinem Haus nicht nutzen, sonst droht ihnen nicht nur eine Busse, sondern auch Gefängnis. Aber wie kann das überhaupt sein?
Publiziert: 15.01.2024 um 12:02 Uhr
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Der Stüttgerhofweg in Köln. Hier sorgt ein Rechtsstreit für Schlagzeilen. Ein Paar darf die Strasse offiziell nicht nutzen.
Foto: GoogleMaps

Sie sind praktisch in ihrem Haus in Köln (D) gefangen. Perwin S.* und Latif B.* dürfen die Strasse vor ihrem Zuhause nicht betreten, sonst droht eine Busse von 250'000 Euro oder sogar Gefängnis wegen Eigentums- und Besitzstörung. «Ich bin am Rande eines Nervenzusammenbruchs», sagt Perwin S. zum «Kölner Stadtanzeiger». 

Das Problem: Ihr Haus steht im Stüttgerhofweg. Eine Privatstrasse, die einer Immobilien- und Verwaltungsgesellschaft gehört, deren Besitzer auch dort wohnen. Eigentlich hätte der Weg, als die ersten Häuser dort entstanden, an die Gemeinde abgetreten werden müssen. Doch das wurde damals einfach nicht gemacht. Mit üblen Konsequenzen.

«In tatsächlicher Hinsicht vollkommen unsinnig»

Die Besitzer der Strasse forderten 50 Euro Wegegeld von dem Ehepaar. Doch das weigerte sich, zu bezahlen. Kein Wunder: Nur sie sollten zahlen. Alle anderen Hausbesitzer dürfen den Weg kostenlos nutzen. Also ging es vor Gericht. Das Amtsgericht gab allerdings den Weg-Besitzern recht.

Dabei erkannte das Gericht auch an, dass das Paar ungerecht behandelt wird. Es sei «in tatsächlicher Hinsicht vollkommen unsinnig, dass die Beklagten ihr Grundstück nicht mehr über die Strasse, sondern allenfalls noch über benachbarte Grundstücken betreten dürfen sollen», so das Gericht in seinem Urteil. 

Paar hätte Notwegerecht einfordern müssen

Nichtsdestotrotz hätte das Paar eine Möglichkeit gehabt, die kuriose Situation zu beenden. Sie hätten bei der Immobilien- und Verwaltungsgesellschaft ein Notwegerecht einfordern müssen. Damit wäre das Problem juristisch geklärt gewesen, so das Gericht. Allerdings war das keine Option für das Paar. Ihr Anwalt zum «Kölner Stadtanzeiger»: «Dadurch hätten wir unsere Rechtsposition verlassen und meine Mandanten wären verpflichtet gewesen, eine Notwegerente zu zahlen.»

Für die Stadt Köln ist hingegen klar, dass die Firma verpflichtet ist, die Rechte an dem Weg abzutreten. Bis Ende Januar haben die Besitzer noch Zeit, um zu diesem Plan Stellung zu nehmen. Bislang haben sie das nicht getan. Fakt ist: Perwin S. und Latif B. begehen jedes Mal, wenn sie das Haus verlassen, eine Straftat und riskieren, im Gefängnis zu landen. (jmh)

* Namen bekannt 

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