Um ihr Geld zu waschen, nutzt Italiens Mafia besonders gern die Schweiz. Die Einkünfte aus Erpressung, Drogenhandel, Prostitution und anderen kriminellen Geschäften werden vorzugsweise in Handels- und Dienstleistungsgesellschaften angelegt, so das Bundesamt für Polizei in seinem aktuellen Jahresbericht.
Doch die Mafia lenkt ihre Einkünfte auch in andere Kanäle, etwa in die Pharmabranche. Das zeigt der Fall von Jörg D.* (66) aus Baar ZG. Der 1,82 Meter grosse Geschäftsmann – graue Haare, grüne Augen – steht auf der Fahndungsliste von Interpol.
«Wer Informationen über diese Person hat, soll sich bei einer nationalen oder lokalen Polizeistelle melden», heisst es. Vorwurf an D.: «Beteiligung an einer kriminellen Organisation».
Der Kaufmann ist in drei Firmen federführend, die ihren Sitz im Kanton Zug haben. Eine davon ist die Chemimex AG, die als Firmenzweck den Handel von «chemisch-technischen» Rohstoffen angibt. Über diese Firma soll D. im grossen Stil gestohlene Ware weiterverkauft haben.
Italienische Strafverfolgungsbehörden sprengten einen auf diesem Sektor aktiven Hehlerring. D. soll dazugehört und das Geld aus schmutzigen Geschäften gewaschen haben.
Dafür wurde er in Italien zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Ins Gefängnis musste D. aber nie: Er setzte sich ab – und wird seither von Interpol gesucht.
SonntagsBlick hat den Geschäftsmann aufgespürt. Er lebt unbehelligt in einem ruhigen Einfamilienhausquartier in Baar. Auf Anfrage bestätigt D., dass er in Italien wegen Beteiligung an einer kriminellen Organisation verurteilt wurde: «Mein Vertreter in Italien hat Hehlerware gekauft.» Mit der Mafia habe er aber nichts zu tun, beteuert er: «In Italien gilt alles als kriminelle Vereinigung, wo mehr als drei Parteien an einem Delikt beteiligt sind.»
D. kann die Schweiz nicht verlassen, weil er sonst sofort verhaftet würde. Bleibt er hier, hat er nichts zu befürchten: Die Schweiz wird ihn als Schweizer Bürger nicht an Italien ausliefern.
Also kann D. weitergeschäften. Er ist bei zwei anderen Firmen als Direktor eingetragen: der Medicforma Holding AG und der Centron Invest AG. Was die Unternehmen tun, weiss D. nicht: Geschäftsfreunde hätten ihn gefragt, ob er dort Einsitz nehmen wolle, sagt er zu SonntagsBlick. Er habe ihnen nur einen Gefallen getan.
Beide Firmen sind bei der Zuger Treuhandfirma Fineac Management AG domiziliert. Deren VR-Präsident ist Albert Blattmann (52). Der FDP-Politiker kandidiert im Herbst für den Zuger Kantonsrat.
Auf Anfrage gibt er an, Jörg D. nicht zu kennen – und auch von seiner Verurteilung nichts gewusst zu haben. Mit den beiden Firmen, die bei ihm domiziliert sind, habe er ebenfalls nichts zu tun: Diese hätten nur ihren Briefkasten an der Adresse seiner Fineac Management AG.
Seltsam nur, dass Blattmann bis letzten Sommer Verwaltungsratspräsident bei Centron Invest AG und Medicforma Holding war.
Die Frage, wem die beiden Firmen gehören, quittiert Blattmann bloss mit einem Lachen.