Auf einen Blick
- Schweizer Touristin in Algerien auf Café-Terrasse ermordet
- 57-jährige Frau aus Klosters GR, aktiv in Gemeinde
- Algerische Behörden schweigen
- Videos von Anwohnern in Algerien sollen Täter auf der Flucht zeigen
Die kleine Oasenstadt Djanet im Südosten von Algerien gilt als aufstrebendes Reiseziel: Touristen besuchen alte Felsmalereien und Felsgravouren in der Gegend, erkunden die Sahara. Vorletzten Freitag wurde das Städtchen Schauplatz eines brutalen Verbrechens: Eine Schweizer Touristin wird am helllichten Tag auf der Terrasse eines Cafés mit einem Messer angegriffen und getötet.
Das eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) bestätigt «den gewaltsamen Tod einer Schweizer Staatsbürgerin am 11. Oktober». Gemäss «20 Minuten» handelt es sich um eine 57-jährige Frau aus Klosters GR. Eine Anwohnerin sagt gegenüber der Zeitung: «Ich kann nicht mehr gut schlafen und denke immer an die arme Frau und ihre Tochter, die auch dabei war.»
Offenbar war das Opfer in der Gemeinde sehr aktiv, Mitglied im Turnverein und in einer Line-Dance-Gruppe. Sie habe sich auf ein Enkelkind gefreut, sagt die Anwohnerin weiter. In Algerien habe sie eine Kamel-Safari durch die Wüste gemacht. «Nur deshalb war sie in dieser Ortschaft».
Menschenrechtsaktivist recherchiert Tat
Wie genau und warum die Schweizerin getötet wurde, ist noch unklar. Die algerischen Behörden und Medien schweigen bislang.
Blick sprach mit dem ehemaligen algerischen Diplomaten und Menschenrechtsaktivisten Mohamed Zitout (61), der den Vorfall seit mehreren Tagen recherchiert.
«Eine lokale Quelle hat mir am Abend des 11. Oktober von der Tat erzählt», sagt Zitout. «Die ursprüngliche Information war, dass eine europäische Touristin im Café Scanner in der Innenstadt mit einem Messer umgebracht wurde – vor den Augen ihrer Begleiter.»
Überwachungsvideo soll Täterflucht zeigen
Die Touristin sei gemäss seiner Quelle mit einer zweiten Frau, vermutlich der Tochter, und zwei bis drei Kinder unterwegs gewesen. «Sie sass gerade mit Kindern am Tisch, als sie ermordet wurde», so Zitout. Panik sei ausgebrochen: «Die Cafébesucher waren in Schockstarre – der Täter konnte wegrennen.»
Die Schweizerin wurde noch ins Spital gebracht, überlebte ihre schweren Verletzungen aber nicht. Der mutmassliche Täter taucht auf einem Überwachungsvideo auf, das Mohamed Zitout von einem Kontakt vor Ort erhalten hat. Zu sehen ist, wie eine Person die Strasse vor dem Hotel Zeriba, etwa 100 Meter vom Tatort entfernt, entlang rennt, den Kopf mit einem Tuch umhüllt.
Die Echtheit des Videos lässt sich nicht unabhängig überprüfen. Der Zeitstempel stimmt aber mit den Angaben verschiedener Medienberichte zum Zeitpunkt überein.
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Täter in Moschee gefasst
Mohamed Zitout schickt Blick ein weiteres Video. Zu sehen ist ein Helikopter am Himmel. «Der Absender des Videos sagte, die Behörden würden so nach dem Täter suchen.»
Mehrere Tage vergehen. Am Mittwoch erhält Zitout die Nachricht: Der mutmassliche Täter sei gefasst! «Er hatte sich wohl mehrere Tage versteckt, ging dann aber in eine kleine Moschee in der Stadt. Dort wurde er wiedererkannt, die Anwesenden überwältigten ihn, dann wurde er verhaftet», erzählt der Menschenrechtsaktivist.
Ein Handyvideo, das Blick vorliegt, zeigt die Szene in der Moschee mutmasslich. Ein junger Mann kniet am Boden, wird festgehalten. Die Menschen um ihn herum schreien: «Legen Sie ihm Handschellen an, legen Sie ihm Handschellen an.»
War die Tat terroristisch motiviert?
In manchen Medienberichten heisst es, zwei Personen seien festgenommen worden. Zitout dazu: «Ich weiss bislang nur von einer Person.» Ausserdem wurde berichtet, der Täter habe «Allahu akbar» («Gott ist gross») gerufen. Islamisten benutzen den Ausdruck häufig als Schlachtruf bei terroristisch motivierten Angriffen. Auch davon habe ihm niemand erzählt, so Zitout.
Was den Menschenrechtsaktivisten besonders verwundert: «Über einen solch schweren Vorfall müssten die Behörden eigentlich informieren. Aber niemand sagt etwas.»