Impfgegner frustrieren Trumps Chef-Virologe Fauci
«Selbst mit Impfstoff erreichen die USA keine Herdenimmunität»

Die ersten Corona-Impfstoffe stehen in den Startlöchern. Doch der US-Chef-Virologe Anthony Fauci bezweifelt, dass das reicht.
Publiziert: 30.06.2020 um 15:52 Uhr
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Aktualisiert: 30.06.2020 um 16:18 Uhr
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Der US-Chef-Virologe Anthony Fauci fürchtet die Macht der Imfpgegner.
Foto: Getty Images
Fabienne Kinzelmann

So schnell gings noch nie. In Rekordgeschwindigkeit arbeiten Länder und Hersteller an einem Corona-Impfstoff. In China hat das Militär bereits grünes Licht für die Nutzung eines Covid-19-Impfstoffkandidaten der Firma Cansino Biologics erhalten.

Auch Trump macht Tempo. Die US-Regierung hat 10 Milliarden Dollar für die Operation «Warp Speed» locker gemacht, um die Entwicklung eines Impfstoffes weiter zu beschleunigen. Wie «Politico» berichtet sind Teams aus Militär und Küstenwache nun in einer Kommandozentrale im siebten Stock des Gesundheitsministeriums stationiert.

In den nächsten drei Monaten sollen drei Coronavirus-Impfstoffe in gross angelegten klinischen Studien untersucht werden. Bis Januar will die Regierung 300 Millionen Impfstoffdosen liefern.

Fauci wäre schon mit 70 Prozent Wirksamkeit zufrieden

Doch all die Bemühungen könnten am Ende nichts nützen, befürchtet der amerikanische Chef-Virologe Anthony Fauci (79). Es sei «unwahrscheinlich», dass die USA Herdenimmunität erreichen – selbst mit einer funktionierenden Impfung, sagte der führende Corona-Experte in einem Interview mit «CNN». Er warnt: Eine «allgemeine Anti-Wissenschafts-, Anti-Behörden-, Anti-Impf-Stimmung» werde die Impfbemühungen vereiteln. Im Klartext: Impfgegner gefährden die Gesellschaft.

Trumps Corona-Experte sieht angesichts der mächtigen Impfgegner-Bewegung, die auch in der Schweiz aktiv ist, schwarz. Dabei sind die Ansprüche des Gesundheitsexperten an einen Impfstoff ohnehin schon niedrig. Er würde sich schon mit einem Impfstoff «zufriedengeben», der nur zu 70 bis 75 Prozent wirksam sei. «Das Beste, was wir je gemacht haben, ist die Masern-Impfung, die zu 97 bis 98 Prozent wirksam ist», sagte Fauci, Direktor des Nationalen Instituts für Allergien und Infektionskrankheiten (NIAID). «Es wäre wunderbar, wenn wir dort ankommen. Ich glaube aber nicht, dass wir das tun werden.»

Ein grosser Teil der Amerikaner verweigert sich laut aktuellen Umfragen einer möglichen Corona-Impfung. Eine Befragung von «CNN» ergab, dass sich ein Drittel der Bevölkerung nicht impfen lassen will – selbst wenn der Impfstoff verfügbar und kostengünstig ist. Dadurch verliert ein möglicher Corona-Impfstoff weiter an Effektivität. Faucis Fazit: Ein nur zu 70 bis 75 Prozent wirksamer Impfstoff, der nur zwei Drittel der Amerikaner verabreicht wird, reicht nicht für Herdenimmunität im Land.

Für Amis bleiben Europas Grenzen dicht

Das Coronavirus breitet sich in den USA weiter aus. Während frühe Corona-Epizentren wie New York die Situation unter Kontrolle haben, steigen die Infektionszahlen in zahlreichen Staaten stark an. Allein am Montag wurden rund 45'000 neue Fälle gemeldet.

Europa betrachtet die Entwicklung mit Sorge. Heute Dienstag will die EU bekannt geben, welche Länder ausserhalb des Schengenraums als «Corona-sicher» gelten, um Ein- und Ausreisen wieder zu ermöglichen. Klar ist: Für US-Amerikaner bleiben die Grenzen wegen der hohen Infektionszahlen vorläufig dicht.


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