Impeachment-Anhörungen: Vom ukrainischen Einwanderer zum Präsidenten-Killer
Wer ist Alexander Vindman, der Trump zur Weissglut treibt?

Er ist ein Einwanderer aus der Ukraine und lehrt US-Präsident Trump das Fürchten: Impeachment-Schlüsselzeuge Alexander Vindman hat am Dienstag den Stoff geliefert, auf den die Demokraten hofften. Der Armee-Veteran gab sich als Patriot, der nicht aus Groll handelt.
Publiziert: 20.11.2019 um 03:23 Uhr
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Aktualisiert: 20.11.2019 um 08:00 Uhr
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Schlüsselzeuge gegen Trump: der dekorierte US-Army-Veteran Alexander Vindman.
Foto: Dukas

Der führende Ukraine-Experte des Weissen Hauses, der Bedenken über den Telefonanruf von US-Präsident Donald Trump (73) mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj (41) äusserte, ist am Dienstag vor einem Ausschuss erschienen, der die Amtsenthebungsuntersuchung gegen Trump leitet. Und der Schlüsselzeuge lieferte, worauf die Demokraten gehofft haben.

Mit der rechten Hand erst zum Schwur erhoben, in dunkelblauer Uniform mit goldenen Streifen und Abzeichen auf der Brust, sagte Oberstleutnant Alexander Semyon Vindman (44) öffentlich vor dem Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses aus. Er beteuerte: «Ich wusste ohne zu zögern, dass ich das melden musste.» Mit «das» meint Vindman das verhängnisvolle Telefonat am 25. Juli zwischen Trump und Selenskyi. «Es war meine Pflicht», so Vindman.

Vindman ist ein dekorierter Veteran der US Army, der in der Ukraine geboren wurde. Ausgerechnet ein ukrainischer Immigrant ist heute eine der Schlüsselpersonen, die Trump zu Fall bringen könnten. Schon letzten Monat sagte der heutige Direktor für europäische Angelegenheiten beim Nationalen Sicherheitsrat (NSC) aus, dass er gleich zweimal Bedenken über das fragliche Telefonat angemeldet habe. Trump habe Selenskyj darin zu Ermittlungen gegen den Sohn seines Rivalen, des demokratischen Präsidentschaftsbewerbers Joe Biden (77), ermuntert.

Vindman hatte das Gespräch mit anderen NSC-Mitgliedern im Situation Room des Weissen Hauses mitverfolgt. Seine Reaktion auf das Telefonat war folgende: «Ich war besorgt über den Anruf. Ich hielt es für unangebracht, von einer ausländischen Regierung die Untersuchung eines US-Bürgers zu verlangen, und ich war besorgt über die Auswirkungen auf die Unterstützung der Ukraine durch die US-Regierung.»

Dankbarer Patriot Vindman: «Ich bin ein Amerikaner»

Am Dienstag nun hat der wichtige Zeuge seine Kritik an Aussagen von Präsident Trump bei dessen Telefonat mit Selenskyj bekräftigt. Trumps Vorgehen «war unangebracht. Es war unangemessen vom Präsidenten, eine Untersuchung gegen einen politischen Gegners einzufordern», erklärte Vindman.

Und Vindman spielte die patriotische Karte – und sie zog. Er habe aus Patriotismus gehandelt, nicht aus Groll oder wegen Parteipolitik. Er und andere Whistleblower würdn nicht irgendeiner politischen Partei dienen. «Wir dienen der Nation».

Seine Familie sei vor 40 Jahren aus der Sowjetunion geflüchtet, um in Amerika ein neues Leben zu beginnen. Geboren in Kiew, flüchtete seine Familie in die USA, als er ein Kleinkind war. Er sei dankbar für seine neue Heimat und habe sich für den Dienst in der US-Armee gemeldet. In anderen Ländern sei es nicht möglich, dass Regierungsmitarbeiter Bedenken dieser Art melden oder öffentlich vortragen könnten, sagte Vindman weiter. Würde er etwa in Russland öffentlich über den Präsidenten aussagen, würde ihn das mit Sicherheit mein Leben kosten. «Ich bin dankbar dafür, US-Bürger zu sein», betonte er. «Ich bin ein Amerikaner.»

«Dad», sagte er, «dass ich heute im Kapitol sitze und vor den Volksvertretern aussage, ist der Beweis dafür, dass du alles richtig gemacht hast, als du damals hierhergekommen bist. Mach dir keine Sorgen um mich.» Sein Vater sass nicht im Publikum, dafür aber sein Zwillingsbruder Eugene, der als Anwalt im Weissen Haus arbeitet und die Anhörung meist reglos mitverfolgte.

Ohne Biden-Untersuchung kein Selenskyi-Besuch im Weissen Haus?

Vindman, der Ukraine-Experte im Nationalen Sicherheitsrat, sagte weiter, bei einem Treffen in Washington mit ukrainischen Regierungsvertretern am 10. Juli habe der US-Botschafter bei der EU, Gordon Sondland, gesagt, für ein Treffen Selenskyjs mit Trump im Weissen Haus müssten die Ukrainer Untersuchungen zu den Bidens einleiten. Es sei aber unklar, ob diese Forderung auf Trump selbst zurückgehe. Vindman betonte, er habe auch dieses Treffen gemeldet.

Seinem Eindruck nach habe es sich bei Trumps Forderung beim Telefonat eher um eine Anweisung als um eine Bitte gehandelt, sagte Vindman. Es gebe ein Machtgefälle zwischen dem Präsidenten der USA und dem der Ukraine. Kiew sei enorm auf US-Hilfe angewiesen, auch ein Besuch im Weissen Haus sei für Selenskyj innenpolitisch sehr wichtig gewesen. Trump hat Selenskyj zwar ins Weisse Haus eingeladen, einen Termin für einen solchen Besuch gibt es aber weiterhin nicht.

Auch die Mitarbeiterin von US-Vizepräsident Mike Pence, Jennifer Williams (42), erneuerte bei der Anhörung am Dienstag ihre Bedenken wegen des umstrittenen Telefonats. Beide wurden zugeschaltet. Beide werfen Trump vor, sein Amt missbraucht zu haben, um Kiew zu drängen, sich zu seinen Gunsten in den US-Wahlkampf einzumischen. Es besteht der Verdacht, dass Trump die Militärhilfe an die Ukraine als Druckmittel einsetzte.

Vindman verurteilt Trumps Attacken

Trump bezeichnete die Impeachment-Anhörungen am Dienstag am Rande einer Kabinettssitzung im Weissen Haus als «eine Peinlichkeit für unsere Nation». Ziel der Demokraten sei es, die republikanische Partei und ihn als Präsidenten zu beschädigen. Trump betonte, er kenne weder Vindman noch die anderen Zeugen.

Trump hatte in den vergangenen Tagen auch mehrere dieser Zeugen auf Twitter angegriffen und unter anderem als voreingenommene Trump-Gegner bezeichnet. Am Wochenende hatte er Williams in einem Tweet Parteilichkeit unterstellt. Zuvor hatte er bereits die frühere US-Botschafterin in der Ukraine, Marie Yovanovitch (61), während ihrer laufenden Befragung im Kongress auf Twitter attackiert. Demokraten warfen ihm daraufhin Einschüchterung von Zeugen vor.

Vindman nutzte seinen Auftritt am Dienstag, um Attacken dieser Art zu verurteilen. «Die Angriffe auf den Charakter dieser angesehenen und ehrenwerten Beamten sind verwerflich», beklagte der dekorierte US-Army-Veteran. (kes/SDA)

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