«Historische Fehler» in NS-Doku
Polnischer Regierungschef beschwert sich bei Netflix

Die Netflix-Dokumentation «Der Teufel wohnt nebenan» sorgt für Kritik aus Polen. Der Premierminister höchstpersönlich hat sich an den Streaming-Anbieter gewandt und wirft ihm vor, historische Fakten falsch darzustellen.
Publiziert: 11.11.2019 um 21:54 Uhr
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Aktualisiert: 11.11.2019 um 21:58 Uhr
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Der Film «Devil Next Door» hat eine kleine Staatskrise in Polen ausgelöst.
Foto: Twitter Screenshot

Auf Netflix läuft seit wenigen Tagen «Der Teufel wohnt nebenan» (Originaltitel: «Devil next door»). Es ist die wohl düsterste Serie des Jahres. Im Zentrum steht John Demjanjuk, ein pensionierter Automechaniker, der in den USA lebt und auf den ersten Blick nichts zu verbergen hat. Doch eine Gruppe von Holocaust-Überlebenden identifiziert ihn als «Ivan der Schreckliche». Dieser war im Konzentrationslager von Treblinka als SS-Offizier tätig und für seine Brutalität gefürchtet, gerne hackte er seinen Opfern die Ohren ab. In Israel wird John Demjanjuk der Prozess gemacht. Ob John tatsächlich Ivan war, sei an dieser Stelle nicht verraten.

Die Serie ist gut gestartet, erhält überwiegend positive Rezensionen. Doch nun hat sich der polnische Regierungschef Mateusz Morawiecki öffentlich über «Der Teufel wohnt nebenan» beschwert. In einem Brief wirft er Netflix-Chef Reed Hastings vor, dass historische Fakten falsch dargestellt wurden. Für eine Produktion, die eine wahre Geschichte erzählen will, kann es kaum einen schlimmeren Faux-Pass geben.

Auf Facebook schreibt Morawiecki, «historische Darstellungsfehler in solchen Filmproduktionen seien für deren Schöpfer vielleicht unwichtige Irrtümer, aber für Polen sind sie sehr schädlich. Deshalb ist es unsere Aufgabe, zu reagieren.»

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Insbesondere durch historisch falsche Landkarten sei der Eindruck entstanden, Polen sei für Konzentrationslager und darin begangene Verbrechen verantwortlich gewesen, kritisierte sei Morawiecki. Tatsächlich aber habe Polen während des Zweiten Weltkriegs gar nicht als Staat existiert, sondern habe unter der deutschen Besatzung und Gewaltherrschaft gelitten. Viele polnische Bürger seien ermordet worden, weil sie versucht hatten, ihre jüdischen Nachbarn zu retten.

Per Gesetz verboten

Die Betreiber der Auschwitz-Gedenkstätte unterstützten Morawiecki bei seiner Kritik. Netflix liess verlauten, man überprüfe den Sachverhalt mit Dringlichkeit.

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In Polen ist es per Gesetz verboten, deutsche Konzentrationslager, die auf heute polnischem Gebiet stehen, als polnisch zu bezeichnen. Aus Israel führte das in der Vergangenheit zur Kritik, das Gesetz könne dazu missbraucht werden, jede Mittäterschaft von Polen an NS-Verbrechen zu leugnen. (vof)

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