Hamburger Messer-Angreifer war Islamist
«Es hätte jeden von uns treffen können»

Der Messer-Angreifer von Hamburg ist den Sicherheitsbehörden als Islamist bekannt gewesen. Es gab Anzeichen für eine Radikalisierung. Das Motiv für den Angriff, bei dem ein Mann getötet und mehrere Menschen teils schwer verletzt wurden, ist noch immer unklar.
Publiziert: 29.07.2017 um 16:11 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 01:40 Uhr

Nach der Messerattacke in einem Hamburger Sumerparmkt hat die Polizei und die Staatsanwaltschaft an einer gemeinsamen Medienkonferenz über die Vorgeschichte des palestinensischen Täters informiert.

«Wir gehen im Moment von einem psychisch labilen Einzeltäter aus», sagte Hamburgs Innensenator Andy Grotet. Es gebe aber auch eine Bezugnahme auf religiöse, islamistische Beweggründe, daher gebe es eine «Gemengelage», bei der noch nicht klar sei, was den 26-Jährigen zu seiner Tat bewogen habe.

Gegen den abgelehnten palästinensischen Asylbewerber, der in den Vereinigten Arabischen Emiraten geboren wurde, soll ein Antrag auf Haftbefehl wegen Mordes und fünffachen versuchten Mordes gestellt werden.

Er nahm ein Küchenmesser aus dem Supermarkt-Regal

Ob dies aber letztlich geschehe, sei wegen der psychischen Auffälligkeiten des Mannes noch offen, sagte Jörg Fröhlich von der Staatsanwaltschaft Hamburg. Der Generalbundesanwalt behalte sich vor, den Fall zu übernehmen.

Nach Polizeiangaben ging der mutmassliche Täter am Freitagnachmittag im Hamburger Stadtteil Barmbek in einen Supermarkt und kehrte nach Verlassen der Filiale wenig später dorthin zurück. Er habe dann ein Küchenmesser aus einem Regal gezogen und in dem Markt drei Menschen schwer verletzt. Ein 50-jähriger Mann sei später gestorben, sagte Kathrin Hennings vom Landeskriminalamt.

In der nahen Umgebung des Markts verletzte er vier weitere Menschen. Der Mann wurde von Passanten verfolgt, unter anderem mit Stühlen attackiert und schliesslich mit Hilfe der Polizei überwältigt.

Den Ermittlern zufolge gibt es keine Hinweise auf Hintermänner oder ein Unterstützer-Netzwerk. Der Mann handelte möglicherweise spontan.

Hamburgs erster Bürgermeister Olaf Scholz legt eine Blume beim Tatort vor dem Einkaufsladen hin.
Foto: Marius Roeer

«Es hätte jeden von uns treffen können»

Die bei der Messerattacke verletzten Menschen sind nach den Worten von Grote ausser Lebensgefahr. Der Innensenator sprach von einer «erbärmlichen, verachtenswerten Tat» eines Menschen, der offensichtlich als Schutzsuchender nach Deutschland gekommen sei. Der Angriff habe die Opfer wie aus dem Nichts getroffen. «Es hätte jeden von uns genauso treffen können», sagte Grote.

Bei der Messerattacke vom Freitag wurde eine Person getötet und mehrere Personen zum Teil schwer verletzt.
Foto: JEFF WIDENER

Der Angreifer sei ausreisepflichtig gewesen und habe sich im Ausreiseverfahren befunden, sagte Grote. Er sei den Behörden als Islamist bekannt gewesen, nicht aber als Dschihadist. Man sei nicht zu der «Einschätzung einer unmittelbaren Gefährlichkeit» gelangt.

Der Mann ist offenbar auch weder in Deutschland noch im Ausland vorbestraft, wie Fröhlich sagte. Ein Diebstahlverfahren gegen ihn wurde den Angaben zufolge wegen Geringfügigkeit eingestellt.

Innensenator Andy Gröher sprach von einer «erbärmlichen, verachtenswerten Tat» eines Menschen, der offensichtlich als Schutzsuchender nach Deutschland gereist sei.
Foto: Marius Roeer

Der Palästinenser habe gegen seinen negativen Asylbescheid keine Rechtsmittel eingelegt und auch bei der Organisation von Passersatzpapieren mitgewirkt, berichtete Grote. Der 26-Jährige sei willens gewesen auszureisen.

Seit 2015 in Deutschland

Noch am Freitag habe er sich bei der Ausländerbehörde erkundigt, ob seine Passersatzpapiere eingetroffen seien. Polizeipräsident Ralf Meyer sagte, der Mann sei in dieser Hinsicht eine «fast vorbildhafte Person» gewesen.

Blumen und Kerzen liegen in einem Peace-Zeichen auf dem Bürgersteig vor dem Supermarkt, in dem am Freitag ein Mann einen Menschen mit einem Messer getötet und sechs weitere verletzt hat.
Foto: MARKUS SCHOLZ

Der Hamburger Innenstaatsrat Bernd Krösser erklärte, der Angreifer sei 2015 nach Deutschland eingereist. Zuvor sei er in Norwegen, Schweden und Spanien gewesen. Über Norwegen sei er im März 2015 nach Deutschland gekommen, zunächst nach Dortmund.

Von dort aus sei er im klassischen Asylverteilungsverfahren nach Hamburg weitergeleitet worden. Hier habe er schliesslich im Mai 2015 einen Asylantrag gestellt. (SDA)

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