Groteskes Leben im Krieg
In Mariupol sonnen sich wieder Menschen am Strand, in Odessa ist dieser gesperrt

Absurde Bilder in der Ukraine und dem von Moskau eroberten Donbass: Menschen versuchen, trotz Krieg, so normal wie möglich zu leben. In Mariupol, wo eben noch heftige Kämpfe tobten, sonnen sich Menschen wieder am Strand. Im nahen Odessa herrscht eine Ruhe vor dem Sturm.
Publiziert: 24.06.2022 um 03:52 Uhr
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Aktualisiert: 24.06.2022 um 10:29 Uhr
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Yoga am Strand, obwohl vor Todesgefahr durch Minen gewarnt wird.
Foto: DUKAS

Groteske Bilder aus dem Kriegsgebiet. Wo Menschen vor Wochen noch in Bunkern ausharrten und Bomben ganze Landstriche dem Erdboden gleichmachten, kehrt wieder eine gewisse Normalität ein. Im von den russischen Invasoren eroberten Mariupol am Asowschen Meer sonnen sich Menschen wieder am Strand. Während in der Nähe Minen geräumt werden.

Dabei gibt es auch immer wieder tödliche Unfälle. Die neuen russischen Machthaber haben die meisten Strände zwar wieder freigegeben. Anfangs Monat starben bei einer Explosion am Strand aber ein achtjähriger Bub und eine weitere Person, wie das ukrainische Newsportal TNS berichtete. Trotz Minenräumung und Strandfreigabe der Russen.

Auch im nächsten grossen Strandort Odessa, der noch von der Ukraine kontrolliert wird, versuchen Menschen, Normalität zu leben. Die Strände sind wegen Minengefahr gesperrt. Ukrainische Truppen haben die eigene Küste gegen die Invasoren vermint. Unlängst wurde ein Mann vor den Augen seiner Familie in die Luft gesprengt. Er trat ins Meer – und auf einen Sprengkörper.

Tausende Tote wurden in Mariupol behelfsmässig begraben
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Friedhof in Mariupol:Tausende Tote wurden in Mariupol behelfsmässig begraben

Die Front ist nah

Letztes Jahr zog die historische Hafenstadt Odessa vier Millionen Touristen an. Die Katastrophe blieb dem geschichtsschweren Küstenort bislang erspart. Trotz Krieg und gesperrter Strände kommen Besucherinnen und Besucher noch immer.

Das gefallene Cherson liegt keine 150 Kilometer entfernt. Bis zur nächsten Frontlinie sind es nur etwa 50 Kilometer. Viele haben Odessa darum bereits verlassen und sind geflohen.

Immer wieder ertönt Luftalarm. Die Russen stehen vor Mykolajiw, das rund zwei Fahrstunden im Osten von Odessa liegt.

«Damit mein Mann mehr Russen töten kann»

Vieles ist in Odessa nicht mehr möglich. Es herrscht eben Krieg. Auch Bootstouren gibts keine mehr. «Wir haben vielleicht noch 10 Prozent der Zahl der Touristen, die wir vor dem Krieg hatten», sagt ein Mann der «Westdeutschen Allgemeinen Zeitung». «Die meisten, die jetzt kommen, sind Flüchtlinge aus anderen Teilen unseres Landes.» Irgendwie halte er sich über Wasser. «Wer das Leben liebt, macht weiter.»

Eine junge Frau (25) ist aus dem im März an die Russen gefallenen Cherson geflohen. Sie komme jetzt bei Verwandten und Bekannten unter. Odessa gefalle ihr. «Ich bin das erste Mal hier am Strand, ich mag das Meer, ich mag die Ruhe», erzählt sie.

Ihr Mann ist Soldat, kämpft an der Front. Sie wünsche, dass die Ukraine mehr Waffen erhalte. «Damit mein Mann mehr Russen töten kann.» Dann umarmt sie ihre Freundin. Die beiden lachen und posieren für ein Foto. (kes)

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