Geheimlager für Brexit-Boris?
Krimi um 29 Mio Astrazeneca-Impfdosen

Vielerorts ist Astrazeneca mit versprochenen Impflieferungen im Rückstand. Doch in Italien wurden nun ganze 29 Millionen Dosen in einer Abfüllfirma gefunden – sie lagern schon länger dort. Jetzt kommt ein Verdacht auf.
Publiziert: 24.03.2021 um 13:46 Uhr
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Aktualisiert: 25.03.2021 um 16:45 Uhr
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In einer italienischen Abfüllfirma wurden 29 Millionen Dosen des Astrazeneca-Impfstoffs gefunden.
Foto: AFP

Wie die italienische Zeitung «La Stampa» berichtete, ist das Lager mit den 29 Millionen Impfdosen in der italienischen Abfüllfirma Catalent in Anagni entdeckt worden. Der Impfstoff wurde nach dpa-Informationen in der niederländischen Fabrik Halix in Leiden hergestellt und dann in Italien abgefüllt. Er soll für den Export nach Grossbritannien bestimmt sein.

Die italienischen Behörden erklärten dagegen, die Impfstoffe seien für Belgien bestimmt gewesen – jedoch nicht für dessen Bevölkerung, sondern möglicherweise für ein Vertriebszentrum von AstraZeneca. Was davon nun stimmt, ist weiterhin unklar.

Riskante Impfstrategie

Brisant ist aber, dass der britisch-schwedische Impfstoffhersteller Astrazeneca bei den Lieferungen an die Europäische Union sehr stark im Rückstand ist. Statt bis zu 220 Millionen Dosen will das Unternehmen den EU-Staaten bis zur Jahresmitte nur 100 Millionen liefern.

Zwischen der EU und Grossbritannien ist deshalb inzwischen ein regelrechter Streit um die Impfungen entbrannt. Eine am Mittwoch von der EU beschlossene Regelverschärfung sieht vor, dass Länder, die selbst keinen Impfstoff aus dem Land lassen, künftig auch keinen mehr aus der EU bekommen sollen. Damit ist vor allem Grossbritannien gemeint.

Waren die 29 Millionen Impfdosen etwa ein geheimer Vorrat für Grossbritannien? Dort braucht man nämlich dringend Impfstoff. Denn wie der «Spiegel» schreibt, basiert Boris Johnsons bisheriger Impferfolg auf einer riskanten Strategie: Eintreffende Impfstoffe werden sofort gebraucht – ein Vorrat für die notwendige zweite Impfung wird kaum zurückbehalten. Zwar haben fast 42 Prozent der Briten bereits eine erste Impfdosis erhalten, die zweite jedoch erst 3,5 Prozent.

«Nicht korrekt, dies als Vorrat zu bezeichnen»

Nach den Vorwürfen meldete sich auch Astrazeneca zu Wort und wies alle Vorwürfe zurück. Bei den Dosen handle sich um verschiedene Kontingente des Impfstoffs, die auf die Freigabe durch die Qualitätskontrolle warteten, teilte eine Sprecherin am Mittwoch auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit.

Davon seien 13 Millionen Dosen für arme Länder im Rahmen des Covax-Programms bestimmt. Sie seien ausserhalb der EU hergestellt und in dem Agnani-Werk in Fläschen abgefüllt worden. Weitere 16 Millionen sollten nach der Freigabe nach Europa gehen, ein grosser Teil davon noch im März. Derzeit seien keine Exporte ausser in Covax-Länder geplant.

«Es ist nicht korrekt, dies als einen Vorrat zu bezeichnen», so die Sprecherin. Der Prozess der Herstellung von Impfstoffen sei sehr komplex und zeitaufwendig. Insbesondere müssten die Impfstoffdosen auf die Freigabe durch die Qualitätskontrolle warten, nachdem die Abfüllung der Fläschchen abgeschlossen sei, hiess es weiter. (SDA/bra)

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