Im Fall um den Sekten-Vater Gerrit-Jan D. (67), der mit sechs inzwischen erwachsenen Kindern, neun Jahre abgeschieden auf einem Hof in Holland hauste, ist nun ein Video aufgetaucht. Darauf zu sehen ist ein weisshaariger Mann mit langem Bart, der über wirre Theorien spricht. Gerrit-Jan van D. glaubt offenbar an einen unsichtbaren spirituellen Krieg zwischen guten und schlechten Geistern – dieser sei fast zu Ende. «Die meisten bösen Geister wurden bereits besiegt», sagt er. Die Aufnahmen stammen offenbar aus dem Jahr 2006.
Trotz der Isolation scheint D. der Welt nicht ganz den Rücken gekehrt zu haben. Im Video sagt er: «Die Rückkehr in die Steinzeit macht keinen Sinn. Ich benutzte einen Computer, ich benutzte eine Kamera, ich sitze auf einem Stuhl, du musst es mit Geld kaufen, daran ist nichts auszusetzen.» Von D. gibt es noch mehr Videos. Auf einer von ihm erstellten Facebookseite zeigt er darin Fitness-Übungen – seine Seite hat über 3500 Abonnenten.
Polizei sperrt Waldgrundstück ab
Im Laufe der Ermittlungen sperrte die Polizei am Wochenende rund zehn Kilometer vom Hof in Ruinerwold ein weiteres Grundstück in einem Wald ab. Gerrit-Jan D. (67) soll das 5,6 Hektar grosse Gelände 1997 für umgerechnet 42'000 Euro gekauft haben.
Der Sohn des Vorbesitzers erzählte, dass D. dort eine Kommune gründen wollte – eine Lebensgemeinschaft mit ehemaligen Drogensüchtigen. Er hatte bereits mit den Baumassnahmen begonnen. Jedoch fehlte ihm eine Genehmigung, was schliesslich zum Baustopp führte – das Grundstück verwilderte. Die isolierte Familie war vor knapp einer Woche in der Ortschaft Ruinerwold in Holland entdeckt worden, nachdem der 25-jährige Sohn Jan in einer Kneipe um Hilfe gebeten hatte.
Vater gab an, er wolle nach Rumänien auswandern
Die Behörden gingen davon aus, dass D. sich bereits vor Jahren ins Ausland abgesetzt hatte. Laut Staatsanwaltschaft gab der Vater der Familie 2009 beim Meldeamt an, er sei ausgewandert. Ehemalige Nachbarn berichten der Zeitung «Bild», dass D. nach Rumänien auswandern wollte, weil er mit der niederländischen Regierung nicht klarkomme.
In Wahrheit zog er mit seinen Kindern aber auf den abgelegenen Hof in Ruinerwold und tauchte dort unter. Die Bewohner des 4000-Seelen-Dorfes hatten jedoch nie etwas von der Anwesenheit seiner Familie bemerkt.
Kinder haben das Gelände nie verlassen
Bisher gibt es nur wenige Informationen über das Leben auf dem Hof. Der abschliessbare Raum, in dem die Familie hauste, war in kleine Kämmerchen aufgeteilt. Der Zugang war hinter einem Schrank verborgen. «Der abgeschlossene Raum war klar dafür gedacht, die Aussenwelt auch draussen zu halten», sagt die stellvertretende Polizeichefin in Drenthe.
Die Kinder von D. waren zwar ab und zu im Garten, das Gelände hätten sie jedoch nie verlassen. Obwohl sie nie zur Schule gegangen sind, können sie lesen und schreiben und sprechen niederländisch. Der Kontakt zu ihnen sei dennoch nicht einfach. «Dass sie nicht unbedingt dasselbe Verhalten zeigen wie wir, ist deutlich», sagt die Polizeichefin. Weitere Ergebnisse der Ermittlungen wurden nicht mitgeteilt. (bra)