Gefesselt im Knast
So tief kann ein Milliardär fallen

HOUSTON – Sie haben Milliarden auf ihren Konten, doch sie können den Hals nicht voll genug bekommen. Mit Folgen: Allen Stanford ist Multimilliardär und seit 4 Monaten im Knast.
Publiziert: 15.09.2009 um 18:26 Uhr
|
Aktualisiert: 30.09.2018 um 22:33 Uhr

Der Fall erinnert an den tiefen Fall des Multimilliardärs und Betrügers Madoff. Auch Allen Stanford ist Milliardär – er hat mehr Kohle, als er je ausgeben kann. Trotzdem betrügt er andere Menschen, um noch reicher zu werden. Doch auch er ist gefallen – und fällt immer noch. Heute klettert der texanische Milliardär mit einem Mitgefangenen aus dem Transporter. Er trägt einen orangefarbenen Einteiler. Mit kleinen Schritten geht er die Treppen zum Gerichtsgebäude in Houston hoch. Grössere Schritte kann er nicht machen – Hände und Füsse sind gefesselt.

Am 19. Juni 2009 klickten die Handschellen – seitdem sitzt Sir Allen Stanford nun schon hinter Gittern. Die US-Börsenaufsicht (SEC) hatte eine Zivilklage gegen den texanischen Financier und dessen Vermögensverwaltungs-Firma Stanford Group und die auf Antigua ansässige Stanford International Bank eingereicht.

Der US-Milliardär wird beschuldigt 15 Jahre lang ein weltweites Betrugssystem betrieben zu haben, beziehungsweise immer noch zu betreiben. Stanfords Firma steht im Verdacht, in den USA Anleger um mindestens 8 Milliarden Dollar betrogen zu haben.

Tiefer Fall eines Milliardärs

Was bewegt einen Menschen, der alles hat, durch illegale Machenschaften alles zu riskieren? Die Gier nach mehr. Allen Stanford hatte ein erfülltes Leben. Er war reich, hatte eine wunderschöne Frau und einen kleinen Sohn. Seine Freizeit verbrachte er mit Cricket und Golf. Als begeisterter Cricketfan gründete und sponserte Stanford das Crickettournier Stanford 20/20 auf Antigua und Barbuda.

1993 übernahm er dann das Familienunternehmen «Stanford Financial Group.» Stanford besitzt neben seiner US-amerikanischen Staatsbürgerschaft die doppelte Staatsbürgerschaft des Landes Antigua und Barbuda.

Auf der Karibikinsel Antigua gründet er die «Stanford International Bank», über die er sein Schneeballsystem abwickelt. Für sein Engagement in Antigua wird er noch vom Commonwealth mit der Ritterschaft geehrt.

Anfang 2009 bricht alles zusammen

Anfang 2009 fliegen seine illegalen Machenschaften auf – Stanford flieht. Stellt sich dann aber am 19. Juni selbst. Seitdem sitzt er im Gefängnis und wartet auf seine Verhandlung. Sein Vermögen, sofern dieses erreichbar ist, wird von einem von der SEC eingesetzten Zwangsverwalter verwaltet.

Bis zur Hauptverhandlung muss der ehemalige Milliardär immer wieder, wie jetzt in Kanada, vor Gericht erscheinen um Anspruchsforderungen und Entschädigungsklagen zu verhandeln. Mit Fussfesseln und Handschellen geht es ins Gericht und wieder zurück in den Knast. Doch schuldig sieht Stanford nicht aus, wenn er erhobenen Hauptes, mit arrogantem Blick und gestreckten Daumen ins Gericht tippelt. (s5j)

Fehler gefunden? Jetzt melden