Cara Anaya (30) aus Arizona leidet seit drei Jahren an Dauer-Orgasmen. Was für Aussenstehende nach Spass klingt, ist für die Frau eine grosse Belastung. Denn es überfällt sie in den unpassendsten Situationen - auch ohne nur einen einzigen erotischen Gedanken. «Es war peinlich, verwirrend und erniedrigend», erzählt sie von ihrem ersten Anfall. Mitten im Einkaufszentrum vor Hunderten fremden Menschen hatte sie damals am Boden liegend einen Orgasmus.
Seither hat sie täglich zahlreiche Orgasmen - bis zu 180 innert zweier Stunden. Sie geht deshalb kaum noch aus dem Haus. Wenn Cara ihren 10-jährigen Sohn zur Schule bringt, fühlt sie sich wie eine Perverse.
Das Phänomen heisst Persistent Genital Arousal Disorder (PGAD - zu deutsch: andauernde genitale Erregungsstörung). Und Cara ist nicht die einzige mit dieser Störung (siehe Kasten unten). BLICK-Sexberaterin Caroline Fux erklärt, wie Betroffene damit leben.
Simuliert diese Frau oder erlebt sie tatsächlich unzählige Orgasmen pro Tag?
Caroline Fux: Den konkreten Fall kann ich nicht beurteilen. Aber die Störung gibt es, wenn auch selten. Die Orgasmen sind organisch «echt», man findet Hirn- und Nervenaktivität. Frauen scheinen häufiger betroffen zu sein.
Irgendwie klingt das nicht nach einem Leiden, sondern eher nach Spass.
Das ist es definitiv nicht. Das sind keine Orgasmen auf Knopfdruck. Die Betroffenen haben keine Kontrolle über das Geschehen, es hat oft nicht mehr viel mit Lust zu tun. Die Orgasmen passieren ständig, auch im unpassendsten Moment. Manche Patienten können kaum schlafen, manche erleben die Orgasmen teils sogar als schmerzhaft.
Wie meistert man den Alltag mit so einer Störung?
Oft mehr schlecht als recht. Die meisten Betroffenen ziehen sich mehr und mehr zurück. Belastend ist auch, dass es wegen der geringen Zahl Fälle nur wenig Erfahrung gibt, was hilft. Die Medizin findet die Ursache oft nicht – entsprechend gibt es keine Behandlungsstrategie mit Erfolgsgarantie.
Können normale Menschen den Orgasmus kontrollieren?
Wenn die Erregung ein gewisses Mass übersteigt, dann ist der Orgasmus ein Reflex und somit nicht mehr kontrollierbar. Gestalten kann man aber die Erregung bis zu diesem sogenannten «Point of no Return». Da Frauen auch nach einem Orgasmus weiter Sex haben können, ist ein früher Orgasmus eher bei Männern ein Problem.
Was hilft da?
Ein Empfindungstraining. Die meisten Männer denken, sie kommen zu früh, weil sie zu viel empfinden. Tatsächlich müssen sie ihre Wahrnehmung in einer Beratung schulen, um ihrer Erregung nicht mehr ausgeliefert zu sein.
Die Störung Persistent Genital Arousal Disorder (PGAD) ist sehr selten und wurde 2001 zum ersten Mal wissenschaftlich dokumentiert. Menschen, die daran leiden, bekommen ohne einen einzigen erotischen Gedanken einen Orgasmus. Er kann bereits durch das Vibrieren eines Handys, durch Bässe oder auf einer Autofahrt ausgelöst werden. Die Ursachen sind bisher unbekannt. Frauen nach den Wechseljahren oder nach einer Hormonbehandlung scheinen häufig betroffen zu sein.
Der wohl berühmteste Fall ist die Britin Sarah Carmen (31). Bei ihr scheint das Absetzen von Antidepressiva die Symptome ausgelöst zu haben. Auch Amanda Gryce (24) aus Florida leidet an der Störung – seit sie sechs Jahre alt ist. Die Krankheit tritt zumeist bei Frauen auf, bei Männern sind nur ein gutes Dutzend mit dieser Störung bekannt. Der Erste, der öffentlich darüber sprach, war Dale Decker (37) aus Wisconsin. Er ist nach einem Bandscheibenvorfall erkrankt. (ct)
Die Störung Persistent Genital Arousal Disorder (PGAD) ist sehr selten und wurde 2001 zum ersten Mal wissenschaftlich dokumentiert. Menschen, die daran leiden, bekommen ohne einen einzigen erotischen Gedanken einen Orgasmus. Er kann bereits durch das Vibrieren eines Handys, durch Bässe oder auf einer Autofahrt ausgelöst werden. Die Ursachen sind bisher unbekannt. Frauen nach den Wechseljahren oder nach einer Hormonbehandlung scheinen häufig betroffen zu sein.
Der wohl berühmteste Fall ist die Britin Sarah Carmen (31). Bei ihr scheint das Absetzen von Antidepressiva die Symptome ausgelöst zu haben. Auch Amanda Gryce (24) aus Florida leidet an der Störung – seit sie sechs Jahre alt ist. Die Krankheit tritt zumeist bei Frauen auf, bei Männern sind nur ein gutes Dutzend mit dieser Störung bekannt. Der Erste, der öffentlich darüber sprach, war Dale Decker (37) aus Wisconsin. Er ist nach einem Bandscheibenvorfall erkrankt. (ct)