Darum gehts
- Obdachlose am Petersplatz trauern um Papst Franziskus und hoffen auf Hilfe
- Franziskus galt als Papst der Armen und lud Obdachlose zum Essen ein
Wenn die abendliche Dämmerung in die Nacht übergeht, bauen Dutzende Menschen zwischen den Marmorkolonnaden am Petersdom ihre Zelte auf. Die Pilgerscharen sind weg. Die Carabinieri ziehen sich zurück. In der Dunkelheit gehört der Platz ihnen: den Obdachlosen von Rom.
Faldo (41), stechend blaue Augen, lebt schon lange am Petersplatz. «Ein Zuhause würde ich es nicht nennen», sagt er. «Als Obdachloser fühlt man sich nirgendwo zu Hause.» Doch hier sei es sicherer als anderswo in Rom. Und hier sei er dem Papst ganz nahe gewesen.
«Seit ich zum Glauben gefunden habe, kann ich diese schwierige Situation besser ertragen», sagt Faldo. Die Kirche und die Caritas geben in seinem Alltag den Takt vor. Morgens verteilen die Mitarbeitenden des Hilfswerks Essen. Faldo besucht den Gottesdienst. Am Nachmittag geht er zum Gebet. Dann gibts Abendessen.
«Die Caritas kommt nicht mehr durch»
So war es zumindest, bevor Papst Franziskus gestorben ist. Nun sind Teile des Platzes gesperrt. Tagsüber patrouillieren die Carabinieri im Grossaufgebot. «Die Caritas kommt nicht mehr zu uns durch», sagt Faldo. «Ich habe seit zwei Tagen nichts gegessen.»
Franziskus galt als Papst der Armen. Faldo und viele andere Obdachlose sahen in ihm eine Vaterfigur. «Einmal pro Woche hat er zwölf von uns zum Essen eingeladen. Wie Jesus seine zwölf Apostel», erzählt er.
An diesem Mittwochmorgen wird der Leichnam von Papst Franziskus von der Residenz Santa Maria in den Petersdom überführt. Aus aller Welt sind Katholiken angereist, um sich vom Pontifex zu verabschieden.
Währenddessen laufen die Obdachlosen vom Petersplatz zur Kirche St. Gregor VII. Ein zehnminütiger Spaziergang. Dort bieten die Franziskanermönche ein Frühstück an, es gibt kostenlose Duschen. Eine Alternative zur sonstigen Essensausgabe der Caritas.
«Wir brauchen seine Hilfe»
Bogdan (33) sitzt auf den Treppenstufen zur Kirche, raucht eine Zigarette, trinkt Kaffee. Er wurde in Bulgarien geboren, ist orthodoxer Christ. «Der Papst hat uns alle sechs Monate einen Brief geschickt und 150 Euro beigelegt», erzählt er. Leider habe er das Schreiben nicht behalten. «Franziskus hat wirklich allen geholfen. Wir sind traurig, dass er gestorben ist.»
Die Armut in Italien ist auf einem Höchststand. Laut einem Bericht von 2023 waren damals bei der Caritas über 34’000 Menschen in extremer Armut registriert.
Fast die Hälfte dieser Menschen sind obdachlos. Und es werden immer mehr. «Das Leben auf der Strasse ist schwieriger geworden», erzählt Steven (31). Auch er lebt am Petersplatz. «Ich bin Papst Franziskus dankbar. Doch ich hoffe, dass der nächste Papst noch mehr für uns tut. Wir brauchen seine Hilfe.»
«Werden als Kriminelle angeschaut»
Denn Hilfe vom Staat bekämen sie kaum. Daniele (28) setzt sich neben Bogdan auf die Kirchentreppe. Sein Hab und Gut hat er in einer Sporttasche verstaut. «Wir werden von der Regierung als Kriminelle angeschaut. Aber das sind wir nicht. Ich lebe auf der Strasse, weil mich niemand einstellen will», erzählt der 28-Jährige. Zuneigung erfahre er nur durch die Kirche, den Papst. «Ich bete für ihn, dass er Frieden findet.»
In den kommenden Tagen wird sich die Weltpolitik in Rom versammeln. Donald Trump wird anreisen. Für das Papstbegräbnis am Samstag gelten höchste Sicherheitsmassnahmen. Alle Augen werden auf die Mächtigen und Reichen gerichtet sein.
Indes warten Daniele, Faldo, Bogdan und Steven, dass der Trubel im Vatikan bald abflacht. Faldo glaubt, er müsse noch bis und mit Samstag durchhalten. «Wenn die ganzen Menschen dann weg sind, kehrt für uns der Alltag zurück. Dann kann uns die Caritas wieder etwas zu essen bringen.»