Polizei erschiesst Attentäter von Strassburg
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Nach 48 Stunden Fahndung:Polizei erschiesst Attentäter von Strassburg

Strassburg-Attentäter vor Haustüre erschossen
So jagte die Polizei Chérif Chekatt (†29)

Zwei Tage lang tauchte Strassburg-Attentäter Chérif Chekatt (†29) ab, ehe er am Donnerstagabend von der Polizei erschossen wurde. Der entscheidende Hinweis kam von einer Passantin.
Publiziert: 14.12.2018 um 01:28 Uhr
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Aktualisiert: 14.12.2018 um 16:46 Uhr
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Seine Pistole liegt neben ihm, die Kapuze hat er überm Kopf: Chérif Chekatt (†29) ist tot. Die Gross-Fahndung nach dem Strassburg-Attentäter fand nach 48 Stunden ihr Ende. Die Polizei stellte Chekatt nach seiner Terror-Attacke auf den Strassburger Weihnachtsmarkt vor einer Haustüre an der «Rue du Lazaret», im Stadtteil Neudorf.

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Attentäter Chérif Chekatt ist tot. Sein letztes Bild zeigt ihn liegend vor einer Haustür. Neben ihm ein Revolver.
Foto: Twitter


Ein Augenzeuge sagt gegenüber der Nachrichtenagentur AFP, er habe maskierte Polizisten rennen sehen. «Dann hat man Schüsse gehört, peng peng peng.» Einige Anwohner jubelten den Polizisten zu und riefen «Bravo!» Dutzende Polizeifahrzeuge eilten zu dem Ort, die Gegend wurde weiträumig abgesperrt, wie BLICK-Reporter Nicolas Lurati berichtet.

Chekatt flüchtete nach Attentat mit Taxi

Damit ist die zwei Tage lange Ungewissheit in der elsässischen Metropole vorüber. Cherif Chekatt hatte am Dienstagabend gegen 20 Uhr in einer belebten Einkaufsgasse nahe dem bekannten Strassburger Weihnachtsmarkt das Feuer auf Passanten eröffnet und Menschen auch mit einem Messer angegriffen. Augenzeugen zufolge rief er dabei «Allahu Akbar» (übersetzt: «Allah ist der Grösste»).

Hier wohnte der Attentäter Chérif Chekatt
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Wohnung des Täters:Hier wohnte der Attentäter Chérif Chekatt

Drei Menschen wurden bei dem Anschlag getötet: Der thailändische Tourist Anupong Suebsamarn (†45), ein 61-jähriger Banker aus Strassburg und der dreifache Familienvater Kamal Naghchband (†44), der von den Ärzten für hirntot erklärt wurde. Ein weiteres Opfer erlag später seinen schweren Verletzungen. Zahlreiche weitere Menschen wurden verletzt.

Nach dem Attentat flüchtete Chekatt mit einem Taxi in den Stadtteil Neudorf. Bei seiner Flucht wurde er von einem Soldaten angeschossen.

8800 Sicherheitsleute suchten Chekatt zwei Tage lang

Hunderte Sicherheitskräfte hatten seither unter Hochdruck nach dem Attentäter gesucht. Auch deutsche Einsatzkräfte waren an der Grossfahndung beteiligt. Die Schweizer Nordgrenze wurde nach Angaben der Bundespolizei in Bern stärker kontrolliert.

Insgesamt hatten in Frankreich und Deutschland mehr als 800 Sicherheitskräfte nach Chekatt gefahndet. In Baden-Württemberg waren nach Angaben dortiger Behörden «deutlich über hundert Beamte» im Einsatz. Der französische Präsident Emmanuel Macron stellte 1800 Soldaten zusätzlich für den Kampf gegen den Terrorismus ab. Damit waren landesweit 8800 Kräfte mobilisiert.

Am Mittwoch hatte die französische Polizei ein Fahndungsfoto des Attentäters veröffentlicht. Chekatt hatte eine lange kriminelle Vorgeschichte, er wütetete in Frankreich, Deutschland und auch in der Schweiz und kam auf Dutzende Verurteilungen.

Entscheidender Hinweis kam von einer Passantin

Am Donnerstagnachmittag erhält die Polizei einen entscheidenden Hinweis: Chekatt spricht im Viertel Neudorf eine Passantin an. Sie erkennt den Attentäter an seiner Verletzung und alarmiert die Polizei. Französische Anti-Terror-Kräfte hatten das Viertel Neudorf in der Folge erneut mit einem Grossaufgebot durchsucht, zuerst jedoch ohne Erfolg.

Um kurz vor 21 Uhr sichten angerückte Sicherheitskräfte Chekatt auf der Rue du Lazaret. Als die Polizisten ihn festnehmen wollten, schoss er auf sie. Die Beamten erwiderten das Feuer und töten den Attentäter von Strassburg. Französischen Medienberichten zufolge schossen die Beamten mindestens 14 Mal auf Chekatt.

Der Attentäter benutzte eine über 100 Jahre alte Waffe

Chekatt sei von den Beamten der Sondereinheit BST angesprochen worden und habe zuerst versucht,  in das Haus mit der Nummer 74 zu flüchten, erklärt der Pariser Antiterror-Staatsanwalt Rémi Heitz später. Als ihm dies nicht gelang, schoss er auf die Polizisten, traf aber nur deren Fahrzeug. Dies habe schliesslich die tödlichen Schüsse auf Chekatt ausgelöst. Der Terrorist habe, laut Heitz, einen Ordonnanz-Revolver aus dem 19. Jahrhundert bei sich gehabt. Die Sammlerwaffe mit 8mm-Kaliber unterliege weniger strengen Regelungen als moderne Waffen.

Nach dem finalen Schusswechsel wird das Gebiet grossräumig abgesperrt. Nur ausgewählte französische Journalisten dürfen an den Tatort. «Es tummeln sich viele Schaulustige vor der Absperrung», berichtet BLICK-Reporter Nicolas Lurati. Nach über zwei Stunden dürfen die Anwohner der betroffenen Strassen zurück in ihre Häuser. Sie werden von schwerbewaffneten Polizisten bis an die Haustür begleitet.

IS reklamiert Tat für sich

Kurz der Tötung von Chekatt reklamierte die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) die Bluttat für sich. Der Angreifer sei «ein Soldat» des IS gewesen, teilte die Terrororganisation am Donnerstagabend über ihr Propaganda-Sprachrohr Amaq mit. Er sei dem Aufruf gefolgt, Bürger aus Mitgliedstaaten der Anti-IS-Koalition in Syrien und im Irak anzugreifen.

Sieben Menschen befinden sich im Zusammenhang mit dem Anschlag in Polizeigewahrsam. Dabei handle es sich um vier Familienangehörige und drei der Familie nahestehende Personen, sagte Staatsanwalt Rémy Heitz. Zwei von ihnen seien in der Nacht auf Freitag festgenommen worden. Die Ermittler suchen immer noch nach möglichen Komplizen. (nim/nl/rad/SDA)

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