Experte warnt vor Nichtbezahlen der Ausland-Busse
«Konsequenzen können weitreichend sein»

Nach den Sommerferien flattern häufig Bussen aus dem Ausland in den Briefkasten. Gängiger Rat von Schweizern an Schweizer: «Nicht bezahlen, es passiert schon nichts!» Das stimmt zwar meist, ist aber trotzdem ein schlechter Rat.
Publiziert: 17.07.2017 um 13:26 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 13:35 Uhr
Bussen aus dem Ausland sollte man bezahlen, sagt Daniel Leiser, Rechtsberater beim «Beobachter».
Foto: Jaap Arriens
Flavio Razzino

Häufig kommen sie wie aus dem Nichts, weil mit mehrmonatiger Verzögerung: Bussen aus dem Ausland für Verkehrsdelikte, die man während der zurückliegenden Ferien begangen haben soll.

Besonders aus Italien werden solche Bussbescheide häufig verschickt. Entweder, weil man die Autobahngebühren nicht bezahlt, vor einer Mülltonne parkiert oder einfach den weissen CH-Kleber nicht am Auto angebracht hat.

Jährlich gehen alleine aus Italien rund 15’000 Anfragen zu Schweizer Fahrzeughaltern ein, wie das Bundesamt für Polizei gegenüber der «NZZ» sagt.

Busse ignorieren? Nicht ratsam

Der Rat, den sich Schweizer dann gerne geben: Busse nicht bezahlen, es passiert schon nichts. «Grundsätzlich würde das stimmen», sagt Daniel Leiser, Rechtsberater beim «Beobachter». Ratsam findet er das Ignorieren von Bussen aber trotzdem nicht.

«Rechtlich ist der Fall in der Schweiz klar: Staaten dürfen eine Busse zustellen, diese aber nicht selber vollstrecken», sagt Leiser. Dafür müssten sie ein Rechtshilfegesuch stellen, was aber viel zu aufwendig sei. «Darum kann man sagen: Schweizer, die sich im Ausland eine Verkehrsbusse einhandeln, müssen sich in der Schweiz nicht darum kümmern und auch keine Konsequenzen fürchten», so Leiser.

Dabei gibt es aber eine Ausnahme: Mit Deutschland und Frankreich hat die Schweiz Polizeiverträge abgeschlossen. Mit diesen Ländern ist eine Zusammenarbeit bei Verkehrsdelikten vorgesehen. So gibt es eine Vollstreckungshilfe bei Bussen ab 40 Euro (Deutschland) respektive 70 Euro (Frankreich).

Mit Frankreich wird diese Zusammenarbeit bereits praktiziert – Bussenzettel aus diesem Land können darum nicht ignoriert werden. «Es ist nämlich möglich, dass die Kantonspolizei eine Busse aus Frankreich eintreibt, wenn eine solche nicht bezahlt wird», sagt Leiser.

Mit Polizeieskorte zum nächsten Bankomaten

Aber er empfiehlt auch bei allen anderen Ländern, gerechtfertigte Bussen zu bezahlen. «Es wäre ziemlich kurzsichtig, das nicht zu tun», sagt der Experte des «Beobachter».

Denn in dem Land, in dem man das Verkehrsdelikt begangen hat, bleibt die Busse auch dann bestehen, wenn der Täter sie einfach ignoriert.

«Wer mit einer offenen Busse nach Italien reist, muss dann mit unangenehmen Konsequenzen rechnen», so Leiser. So kennt er Berichte von Betroffenen, die mit Polizeieskorte zum nächsten Bankomaten eskortiert wurden. Sie mussten die Busse an Ort und Stelle bezahlen, mitsamt horrender Mahngebühren.

«Die Konsequenzen können weitreichend sein – bis zur Hinderung an der Weiterreise oder der Beschlagnahmung des Autos.»

Natürlich könne auch einfach nichts geschehen, wenn man in ein Land reist, bei dem man offene Bussen hat. «Das ist in etwa so, wie wenn Sie mit einer Flasche zu viel Wein die Grenze passieren – es kann sein, dass Sie dabei auffliegen, aber auch, dass Sie damit durchkommen», sagt Leiser.

Am Ende fällt die Busse auf einen zurück

Spätestens bei einem kleinen Unfall mit Blechschaden in dem Land kann es aber ganz schön kompliziert werden. Dann falle die offene Busse auf einen zurück.

«Wenn man dann bereits polizeibekannt ist, weil man eine Busse nicht bezahlt hat, kann das ärgerliche Auswirkungen haben in einer Situation, in der man sowieso unter Stress steht und womöglich noch mit Sprachproblemen kämpft», sagt Leiser.

Jeder müsse selber wissen, ob man sich das wegen einiger Euros antun möchte.

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