Experte schlägt Passivmitgliedschaft in der EU vor
So könnten die Chaos-Briten Zeit gewinnen

Mitgliedschaft mit den gleichen Parlamentariern verlängern und dann Passivmitglied werden: Grossbritannien-Kenner Felix Dane zeigt, wie die Briten nochmals über den Brexit nachdenken könnten.
Publiziert: 13.03.2019 um 23:06 Uhr
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Aktualisiert: 14.03.2019 um 16:16 Uhr
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Während der Verhandlungen im Unterhaus kam es erneut zu Protesten gegen den Austritt aus der EU.
Foto: AFP
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Guido FelderAusland-Redaktor

Damit es am 29. März nicht zum chaotischen Brexit kommt, gibt es jetzt nur noch ein Gegenmittel: auf Zeit spielen! Nachdem sich das britische Unterhaus gestern Abend mit einer hauchdünnen Mehrheit von 4 Stimmen (312 zu 308) gegen einen harten Brexit ausgesprochen hat, wird das Parlament heute über eine Fristverlängerung abstimmen. «Nach dem bisher desaströsen Verlauf der Brexit-Verhandlungen sollten die Briten diese Gelegenheit unbedingt ergreifen, um das komplette Desaster zu verhindern», sagt Felix Dane, Direktor der Konrad-Adenauer-Stiftung in Grossbritannien und Irland.

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Fristverlängerung nur beschränkt möglich

Bisher ist allerdings nicht definiert, wie weit das Brexit-Datum hinausgeschoben werden könnte. Man redet von bis zu drei Monaten, weil im Juli das neue EU-Parlament seine Arbeit aufnimmt. Wäre Grossbritannien dann noch Vollmitglied, müsste es für die Wahlen vom 23. bis 26. Mai kurzfristig und mit grossem finanziellen Aufwand Kandidaten aufstellen.

Nachdem die Briten in den vergangenen zwei Jahren keine Brexit-Einigung gefunden haben, ist es allerdings auch unwahrscheinlich, dass eine Verlängerung von nur drei Monaten tatsächlich reicht, um eine definitive Lösung für den Austritt zu erzielen.

Ab 2020 Passivmitglied

Dane schlägt daher für den Brexit folgendes Modell vor: Grossbritannien soll eine Verlängerung der Mitgliedschaft bis 31. Dezember 2020 anstreben. Dann endet nämlich der siebenjährige Haushaltsplan der EU. Dane dazu: «London und Brüssel müssten bis zu den EU-Wahlen eine rechtliche Grundlage dafür schaffen, dass Grossbritannien keine Wahlen durchführen muss, sondern die Mandate der bisherigen Parlamentarier verlängern kann.»

Für die Ablösung von der EU könnte Grossbritannien anschliessend vorübergehend der Status eines Passivmitglieds verliehen werden. Dane: «Dieser Beobachterstatus ist bei Beitrittskandidaten möglich – warum soll man ihn dann bei Austrittskandidaten nicht auch anwenden können?»

Denkpause einschalten

Mit dieser Lösung stünde den Briten mehr Zeit zur Verfügung, noch einmal generell über den Brexit zu diskutieren. Danes Idee: «Diese Denkpause würde den Briten auch Raum dafür geben, Neuwahlen anzusetzen oder gar das Brexit-Referendum zu wiederholen, wie es Abgeordnete sowohl der Labour als auch der Konservativen fordern.»

2016 hatten die Briten dem Brexit mit 52 Prozent zugestimmt, heute wären laut Umfragen rund 55 Prozent für einen Verbleib in der EU.

Dane weiss, dass sein Vorschlag recht optimistisch tönt. Die Realität, so meint er selber, sehe wohl leider anders aus: «Es dürfte zwar eine Verlängerung um etwa zwei Monate geben. Aber dann stehen wir erneut genau da, wo wir jetzt stehen, nämlich vor einem No-Deal-Brexit.»

Die komplette Brexit-Chronologie

Am 23. Juni 2016 stimmten 51,9 Prozent der Briten für den Austritt aus der EU. Seit diesem Zeitpunkt fand zwischen der EU und Grossbritannien aber auch innerhalb des Vereinigten Königreichs ein langwieriger politischer Prozess der Kompromissfindung statt. Mehrere Abgeordnete und sogar Premierminister traten aufgrund der Vertragsverhandlungen zurück. Am 31. Januar 2020 trat Grossbritannien schliesslich aus der EU aus.

BLICK zeigt die wichtigsten Stationen des chaotischen Prozesses seit dem Austrittsvotum der Briten auf.


Am 23. Juni 2016 stimmten 51,9 Prozent der Briten für den Austritt aus der EU. Seit diesem Zeitpunkt fand zwischen der EU und Grossbritannien aber auch innerhalb des Vereinigten Königreichs ein langwieriger politischer Prozess der Kompromissfindung statt. Mehrere Abgeordnete und sogar Premierminister traten aufgrund der Vertragsverhandlungen zurück. Am 31. Januar 2020 trat Grossbritannien schliesslich aus der EU aus.

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Sind Sie im Vereinigten Königreich aufgewachsen oder kommen Sie aus einer britischen Familie und wohnen heute in der Schweiz? Dann suchen wir genau Sie! BLICK will von Ihnen wissen, wie Sie zum Brexit stehen. 

Schreiben Sie uns eine Mail an community@blick.ch und erzählen Sie uns Ihre Meinung zum Thema. 

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