Die Facebook-Einträge von Florenz Schaffner lassen niemanden kalt: «Ich habe Angst, bin in einem Wechselbad von Wut, Trauer und Enttäuschung. Was hier in diesen Tagen passiert, ist die grobfahrlässige, massenhafte Traumatisierung und Radikalisierung von Menschen, die in Hoffnung auf Frieden und Freiheit in Europa ihr Land verlassen haben.»
Schaffner meint Idomeni, das Flüchtlingslager an der griechisch-mazedonischen Grenze, in dem wegen der geschlossenen Balkanroute über 14'000 Menschen in Zelten ausharren. Der ehemalige Kurdirektor von Arosa, Humorfestival-Gründer und SRF-Kadermann ist dort seit Freitag als Helfer für die Schweizer Organisation «Volunteers for Humanity» im Einsatz.
«Im Wald traf ich auf frierende Kinder»
Hautnah erlebte er, wie sich am Montag rund 1000 Flüchtlinge auf den «Marsch der Hoffnung» nach Mazedonien begaben, nur um später von Grenzpolizisten mit Schlägen und Tritten wieder zur Umkehr gezwungen zu werden.
«Mitten in der Nacht traf ich in einem Wald auf nasse und frierende Erwachsene und Kinder, die von Grenzpolizisten mit roher Gewalt zurückgedrängt wurden», sagt der 66-Jährige zu BLICK. «Es war bisher mein schlimmster Einsatz.»
Nach dem Dauerregen der vergangenen Tage sind die Zustände in Idomeni prekär. Das Camp ist völlig verschlammt. Zahlreiche Menschen, darunter viele Kinder, leiden unter Atemwegserkrankungen. Die Behörden haben die Migranten bereits mehrfach aufgerufen, das Camp zu verlassen und in andere Lager im Landesinneren zu gehen.
Optimismus verflogen
Doch zurück will niemand. Und das, obwohl der einstige Optimismus längst von der Realität eingeholt wurde. «Die Gemütslage hat sich in den letzten Wochen total verändert», sagt Schaffner, der Mitte Februar bereits auf der griechischen Insel Lesbos im Einsatz war.
Auf Lesbos seien die Flüchlinge noch sehr optimistisch gewesen, erinnert er sich. «Thank you, European people, good people», hätten ihm damals viele bei ihrer Ankunft zugerufen. Jetzt in Idomeni hingegen seien sie verzweifelt, hoffnungslos und teilweise sehr aggressiv.
Nichtsdestotrotz wolle er weiter helfen – aus einem einfachen Grund: «Ich bin schockiert, wie Europas Politiker und Behörden die fundamentalsten Menschenrechte verletzen und nur ganz wenige dagegen aufschreien», sagt Schaffner. «Die Griechen sind die einzigen, die noch ein humanes Gewissen bewahrt haben.»