EU warnt vor «Flüchtlings-Parkplatz»
20'000 Syrer harren an türkischer Grenze aus

Tausende syrische Flüchtlinge aus der umkämpften Region Aleppo haben heute weiter an der geschlossenen Grenze zur Türkei ausgeharrt. Gleichzeitig wird der Ton zwischen Griechenland und den Ländern an der Balkanroute schärfer. Die EU will neue Grenzschutzprojekte.
Publiziert: 06.02.2016 um 17:24 Uhr
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Aktualisiert: 15.10.2018 um 04:59 Uhr

In der Flüchtlingskrise eskaliert der Streit zwischen Griechenland und den Ländern an der Balkanroute. Beim heutigen Treffen der EU-Aussenminister in Amsterdam drohten Staaten wie Österreich und Ungarn mit neuen Grenzschutzprojekten.

Bei der griechischen Regierung gebe es noch immer kein Bewusstsein, «wie ernst die Situation bei uns in den Zielländern ist», sagte der österreichische Aussenminister Sebastian Kurz. Wenn es Griechenland nicht schaffe, die EU-Aussengrenze zur Türkei zu sichern, müsse dies auf dem Balkan erfolgen - «mit Slowenien, mit Kroatien, mit Serbien, mit Mazedonien».

Ungarn unterstützte die österreichischen Pläne, über Griechenland kommende Flüchtlinge durch den Einsatz von Polizisten und Soldaten möglichst schon an der Grenze zu Mazedonien aufzuhalten. Wenn Athen nicht bereit oder in der Lage sei, die EU-Aussengrenze zu schützen, brauche die EU «eine andere Verteidigungslinie», sagte Ungarns Aussenminister Peter Szijjarto.

Der griechische Aussenminister Nikos Kotzias wies die Vorwürfe zurück und warf mitteleuropäischen Staaten vor, sein Land isolieren zu wollen. «Man kann nicht denken, dass man so komplizierte Sachen wie die Flüchtlingskrise mit so einfachen Mitteln lösen kann.»

EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn warnte davor, die Länder auf dem Balkan «zum Parkplatz für Flüchtlinge» zu machen. Bei Alleingängen drohe ein «Dominoeffekt». Notwendig sei eine «europäische Lösung» zur Verstärkung der Aussengrenzen. Dafür plädierte heute auch Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel. Der Erhalt offener Grenzen innerhalb Europas mache dies notwendig, warnte sie in ihrem wöchentlichen Video-Podcast.

Heute harrten derweil Tausende syrische Familien aus der umkämpften Region Aleppo vor der verriegelten Grenze zur Türkei aus. Bis zum Nachmittag blieb der Grenzübergang Öncüpinar geschlossen - die humanitäre Situation schien trotz Temperaturen im einstelligen Bereich aber noch unter Kontrolle. Die türkische Hilfsorganisation IHH durfte über die Grenze, um den Menschen das Nötigste zu bringen - Wasser, Lebensmittel und Decken.

Die EU machte in Amsterdam Druck auf die Türkei, die Menschen ins Land zu lassen. Der türkische Aussenminister Mevlüt Cavusoglu sagte, Ankara werde seine Politik der offenen Grenze für diejenigen beibehalten, die vor der Aggression des Regimes und den Luftangriffen Russlands flöhen. Nach türkischen Presseberichten haben die türkischen Behörden einen Notplan zum Empfang von Flüchtlingen vorbereitet. Seit Freitag werden neue Zelte in einem bereits bestehenden Lager in der Nähe des Grenzübergangs aufgestellt.

Wann die Grenze für die Wartenden geöffnet werden soll, sagte er nicht. In den vergangenen Tagen flohen rund 40'000 Syrer aus der umkämpften Provinz Aleppo vor der dortigen Regierungsoffensive - allein 20'000 Schutzsuchende strandeten der Uno zufolge in Bab al-Salama auf syrischer Seite gegenüber von Öncüpinar. (SDA/lex)

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